Zwei Länder lieben sich seit Generationen

Stadt Zadar in Kroatien ©besser länger leben

Interview mit Branimir Tončinić, Direktor der Kroatischen Zentrale für Tourismus in Wien.

Kroatien ist eines der beliebtesten Reiseziele für Gäste aus Österreich. In diesem Interview teilt Branimir Tončinić, der Direktor der Kroatischen Zentrale für Tourismus in Wien, seine persönlichen Tipps für einen Urlaub abseits der bekannten Pfade. Darüber hinaus spricht der sympathische Tourismusprofi über das Glück, wenn das Leben seine ganz eigenen Pläne mit einem hat und über einen Job, in dem ein Lächeln mehr zählt als Geld.

Branimir Tončinić, Direktor der Kroatischen Zentrale für Tourismus in Wien

BLL: Ihr Lebenslauf lässt vermuten, dass Sie schon immer im Tourismus arbeiten wollten. Stimmt das?

Toncinic: Ganz im Gegenteil. Mein Weg in den Tourismus lässt sich mit dem Sprichwort: „Es kommt immer alles anders als Du denkst“, zusammenfassen. Mein Vater, dem ich aus heutiger Sicht sehr viel verdanke, hatte sein gesamtes Berufsleben dem Tourismus gewidmet und war nur selten zu Hause. Das wollte ich für mich nicht. Privat stellte ich mir meine Zukunft in einem trauten Heim mit einer großen Familie vor. Ja, und was soll ich sagen: Irgendwann nahm das Leben den für mich bestimmten Lauf. Meine erste Tätigkeit im Tourismus war während meiner Studienzeit, 1997. Ich genoss das Leben in vollen Zügen und brauchte Geld. Also begann ich nebenbei auf touristischen Messen in ganz Österreich und Deutschland am Informationsstand der Kroatischen Zentrale für Tourismus zu arbeiten. Es war eine großartige Zeit mit langen Nächten und Sommern am Meer – weit entfernt vom Ernst des Lebens. Zum ersten Mal wirklich Gedanken über meine berufliche Zukunft machte ich mir im Laufe des Jahres 1998. Ich war 26. Das Bundesheer stand bevor und mir wurde bewusst, dass ich nicht ewig von der Hand in den Mund leben konnte, oder wollte. Im Herbst 1998 schloss ich mein BWL-Studium, das in Wien auf der WU begonnen hatte, in Zagreb ab. Für meine Diplomarbeit wählte ich das Fach „Organisation und Management im Tourismus“.

War ein Job bei der Kroatischen Zentrale für Tourismus dann schon Ihr Ziel oder der Eintritt im Jahr 1999 ein glücklicher Zufall?

Toncinic: Rückblickend lautet die korrekte Antwort vermutlich, von beidem etwas. Nachdem ich schon während des Studiums für die Kroatische Zentrale für Tourismus auf Messen gearbeitet hatte, schrieb ich schließlich auch meine Diplomarbeit zum Thema „Organisationsstruktur der Kroatischen Zentrale für Tourismus“. Und doch ging nicht eines direkt ins andere über. Ich kann mich an eine Zeit nach dem Studium erinnern, in der ich mich hauptsächliche leer und orientierungslos fühlte. Meine Jugend war geprägt von mehrjährigen Auslandsaufenthalten in Deutschland und Österreich. Zusammen mit meiner Familie hatte ich große Teile Europas, Kroatiens sowieso und auch die USA zweimal bereist. Diese Unbeschwertheit setzte sich während der Studienzeit wie beschrieben fort. Jetzt war ich 26jährig und erwachsen – frei und unabhängig ohne ein geregeltes Einkommen jedoch nicht. Was also nun? Ich hatte Glück. 1999 wurde in der Kroatischen Zentrale für Tourismus eine Ausbildungsstelle frei und der damalige Direktor entschied sich für mich.

„Ich mag den Moment, in dem aus einem Problem eine Lösung wird“.

Und ab dann ging es nur noch steil bergauf?

Toncinic: Immer wieder, aber gewiss nicht stetig. Die vergangenen 22 Jahre gleichen vielmehr einer Fahrt mit dem Karussell, oder der Achterbahn. Die Arbeit im Tourismus bedeutet für mich ein ständiges Abenteuer, bei dem es manchmal bergab und erst dann weiter hinauf geht. Wir arbeiten in einer Branche, in der immer wieder neue Herausforderungen warten. Aber ich mag den Moment, in dem aus einem Problem eine Lösung wird. Man lernt ständig etwas dazu. Mal von den Kollegen oder Partnern, mal auf Reisen in neue Destinationen und immer wieder in der Begegnung mit Menschen. Mein Weg war bestimmt nicht immer leicht, aber jeder Schritt hat sich gelohnt. Müsste ich mich noch einmal entscheiden, ich würde genau auf diesen Job hinarbeiten.

Wie sehr hat sich in Ihrer Wahrnehmung der Tourismus seither verändert und was erwarten Sie von der Zukunft?

Toncinic: Ich denke es ist einfacher zu beschreiben, was sich nicht verändert hat. Nämlich, dass der Tourismus eine Branche ist, die man 24/7 leben und vor allem lieben muss, wenn man in ihr erfolgreich sein möchte. Diese Arbeit macht man nicht wegen der Bezahlung. Wir verkaufen Emotionen, Träume, Geschichten und Eindrücke. Die Menschen vertrauen uns ihre wertvollste Zeit im Jahr, ihren Urlaub an. Daher sind zufriedene Gäste, die im nächsten Jahr wiederkommen, unser eigentlicher Lohn. Das war schon immer so und so wird es auch immer bleiben.

Was sich hingegen stark verändert hat, ist die Art Reisen zu konsumieren. Ich beschäftige mich seit Beginn meiner Karriere sehr intensiv mit Zahlen und Statistiken und tausche mich viel mit Touristikern auf der ganzen Welt aus. Schon vor der Pandemie hat sich demnach ein starker Trend hin zu kürzeren, aber häufigeren Reisen abgezeichnet. Heute bleibt der Gast nicht mehr für mehrere Wochen an einem Ort, sondern teilt den Urlaub auf mehrere Destinationen auf. Alles sehr nachhaltig und bewusst. Auch geht es im Sommer längst nicht mehr nur um Sonne und Strand.

„Wir haben das Ćevapčići-Image weit hinter uns gelassen“.

Auch in Kroatien hat sich in den letzten Jahrzehnten Erstaunliches getan.

Toncinic: Für Kroatien sind die Veränderungen, seitdem der Staat in den 1990er Jahren international als souverän und demokratisch anerkannt wurde, und später in die EU aufgenommen wurde, besonders spürbar. Im Tourismus am auffälligsten in der Anzahl der Urlauber. Allein zwischen 2003 und dem Rekordjahr 2019 haben sich die internationalen Ankünfte von 7,9 Millionen auf 20,7 Millionen nahezu verdreifacht und die Anzahl der Nächtigungen von 43,4 Millionen auf 108,6 Millionen mehr als verdoppelt. Doch, obwohl die Zahlen so enorm gestiegen sind, haben wir es geschafft, unser ehemaliges Image von Massentourismus im Sommer und der Genuss-Etikette „Ćevapčići“ weit hinter uns zu lassen. Heute assoziieren immer mehr Urlauber mit Kroatien die Vielfalt des Landes, Nachhaltigkeit, Geschichte, Natur und Kulinarik. Je nach Geschmack werden Sommerurlaub, Citybreak Urlaub und Aktivurlaub miteinander kombiniert, aber auch immer mehr in der Nebensaison konsumiert.

Natürlich wurden auch zahlreiche Investitionen in die Infrastruktur getätigt, die diese positive Entwicklung über die Jahre unterstützt hat. Angefangen beim Autobahnnetz, über das Erscheinungsbild unserer Städte und Orte bis hin zum breiten Spektrum hochwertigen Unterkünften vom Hotel bis zum Campingplatz. Zudem setzt sich Kroatien immer stärker als kulinarische und kulturelle Genuss-Destination durch.

Wie stark beeinflusst dieser Wandel die Arbeit bei der Kroatischen Zentrale für Tourismus?

Toncinic: Sehr sogar. Mit den veränderten Reisemotiven und Bedürfnissen der Gäste hat sich auch die Kommunikation angepasst. Zudem sind wir viel Markt- also Interessenspezifischer geworden. Es kann also sein, dass wir in England eine Kampagne mit ganz anderen Produkten fahren als in Österreich. Und das ist kein Widerspruch. Vielmehr unterstreicht es das vielseitige Angebot des Landes. Selbstverständlich spielt uns auch der technische Fortschritt in die Hände. Das Marketing anno 1999 ist mit dem von 2021 einfach nicht mehr zu vergleichen. Heutzutage kann

Jede Zielgruppe über die sozialen Medien herausgefiltert und individuell angesprochen werden. Das richtige Maß zu finden ist dabei für eine Branche wie dem Tourismus, der ja von persönlichen Kontakten und Begegnungen lebt, durchaus eine Herausforderung. Da kann man viel richtig, aber auch genauso viel falsch machen. Während er Corona-Pandemie hat diese Entwicklung nochmal an Fahrt aufgenommen.

Kroatien hat sich längst als eines der beliebtesten Urlaubsziele von Herrn und Frau Österreicher etabliert. Man möchte meinen, mehr geht nicht.

Toncinic: 2019 zählten wir 1,47 Millionen Ankünfte und 7,76 Millionen Nächtigungen von Gästen aus Österreich. Natürlich sind wir auf dieses Ergebnis sehr stolz. Aber wir wollen uns auch nicht auf dem Erfolg ausruhen. Mein Motto lautet daher: Mehr geht immer, besser geht immer.

Die Zeit wird weitere Veränderungen mit sich bringen, neue Perspektiven öffnen aber auch Grenzen setzen. Ein gutes Beispiel sind die Themen Nachhaltigkeit und Klimawandel. Bei der Kroatischen Zentrale für Tourismus sind wir uns unserer Verantwortung sehr bewusst, den wachsenden Bedürfnissen unserer Gäste gerecht werden, aber gleichzeitig unseren Nachfahren eine möglichst unberührte und gesunde Natur hinterlassen zu wollen – und zu müssen.

„Das Wichtigste ist, dass unsere Besucher gesund aus den Ferien heimkehren“.

Wie lautet Ihr persönliches Ziel für Ihre Amtszeit?

Toncinic: Mein persönliches Ziel war es immer, noch mehr Urlauber aus Österreich für Kroatien zu begeistern und die Nächtigungszahlen weiter zu steigern, insbesondere in der Nebensaison. Die globale Corona-Pandemie hat nun einiges auf den Kopf gestellt. Natürlich wollen wir langfristig wieder an die Rekordzahlen von 2019 anknüpfen. Vorerst messen wir uns aber an den Resultaten von 2020. Das Wichtigste während der Pandemie ist, dass unsere Besucher Kroatien als sichere Urlaubsdestination wahrnehmen, sich bei uns rundum wohl fühlen und schließlich gesund aus den Ferien heimkehren. In diesem Zusammenhang freue ich mich berichten zu dürfen, dass das in Zusammenarbeit mit dem kroatischen Tourismusministerium entwickelte Sicherheitslabel „Safe Stay in Croatia“ sehr gut angenommen wird. Es haben sich bereits 15.305 Tourismusbetriebe in ganz Kroatien qualifiziert und werden entsprechend auf der Onlineplattform https://www.safestayincroatia.hr/de geführt. So können sich Urlauber schon vor der Reise informieren und mit gutem Gefühl buchen. Vorort erkennt man die Betriebe, welche die globalen Standards für Gesundheit und Hygiene erfüllen, leicht an dem „Safe Stay in Croatia“-Aufkleber am Eingang.

Welche Auflagen müssen Urlauber zur Einreise nach Kroatien aktuell erfüllen?

Toncinic: Grundsätzlich gilt für die Einreise nach Kroatien die in Österreich bekannte 3G-Regel: Geimpft, Getestet oder Genesen. Wichtig ist dabei, dass a) der negative PCR- oder Antigentest, bei Grenzübertritt nicht älter als 48 Stunden ist, b) der Impfnachweis belegt, dass die zweite, bzw. letzte Impfung vor mindestens 14 Tagen erfolgt ist, c) der Nachweis über eine Genesung von Covid-19 bestätigt, dass diese mindestens elf Tage, aber nicht länger als 180 Tage zurückliegt. Als vierte Alternative kann ein Nachweis vorgelegt werden der belegt, dass eine Genesung von Covid-19 und die erste Impfung mindestens elf Tage, aber nicht länger als sechs Monate zurückliegt. Gäste, die an der Grenze zu Kroatien weder geimpft, getestet oder genesen sind dürfen auch einreisen, müssen vor Ort allerdings in eine zehntägige Quarantäne oder holen den Test direkt nach und verbringen nur die Zeit bis zum Eintreffen des negativen Testergebnisses in Selbstisolation.

„Die Nebensaison in Kroatien bietet viele Vorteile“.

Sie sind ein großer Fan von der Nebensaison in Kroatien. Warum?

Toncinic: Jeder der mich kennt weiß, dass ich ein echtes Sommerkind bin und es für mich nichts Schöneres gibt, als die heißen Monate in Kroatien am Meer zu verbringen. Aber welcher berufstätige Mensch kann sich das schon immer so einteilen? Und die Nebensaison hat wirklich viele Vorteile: Da wären zum einen die günstigeren Preise und mehr Verfügbarkeiten bei den Unterkünften. Außerdem bleibt es meist bis spät in den Herbst noch wunderbar warm – jedoch ohne die zu heißen oder schwülen Tage. Und es herrscht überall weniger Gedrängel. Weder an den Stränden, in den Altstädten, noch auf den Straßen oder an der Grenze. Für mich ist Kroatien ganz klar eine Ganzjahresdestination.

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Welche Region in Kroatien hätte aus Ihrer Sicht mehr Aufmerksamkeit verdient?

Toncinic: Auf jeden Fall der kontinentale Teil Kroatiens, also Mittelkroatien und Slawonien. Obwohl Kroatien eine der beliebtesten Sommerurlaubsdestinationen für Gäste aus Österreich ist, kennen nur wenige unsere Schätze abseits von der Küste, unserem türkisblauen Meer und den Tausenden Inseln. Die zahlreichen Burgen und Festungen im Landesinneren oder die Naturparks Lonjsko polje, Kopački rit und Papuk sind noch echte Geheimtipps. Ganz anders als an der Küste prägen hier endlose Weiden die Landschaft. Ebenso unterscheiden sich Flora, Fauna und die regionale Küche. Typische Speisen sind in dieser Region etwa gefüllte Paprika, der Paprika-Fischeintopf oder Pute mit Mlinci. Dazu trinkt man ein Glas Wein. In diesem Teil von Kroatien werden ganz hervorragende Traminer, Weißer Riesling, Welschriesling oder Blaufränkisch angebaut. Auch Urlaub auf dem Bauernhof steht abseits der Küste hoch im Kurs. Außerdem locken einige bezaubernde Städtchen mit Charme und Kultur: Varaždin besucht man zum „Spancirfest“, in Krapina bestaunt man archäologische Fundstätten und in Đakovo wurden schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts edle Lipizzaner Pferde gezüchtet. Und dann wären da außerdem Vinkovci, eine der ältesten Städte Europas, das wunderschöne Osijek, Vukovar und so viele andere.

„Österreich ist meine zweite Heimat“.

Sie sind jetzt seit 2018 als Direktor der Kroatischen Zentrale für Tourismus in Österreich. Was schätzen Sie an ihrer neuen Heimatstadt Wien und was vermissen Sie an Zagreb?

Toncinic: Ganz neu war mir Wien ja nicht. Von 1987 bis 1992 habe ich schon einmal mit der ganzen Familie hier gewohnt. Erst wollte ich gar nicht aus Zagreb weg. Aber zum Glück kam wieder einmal alles anders als geplant. Denn rückblickend waren diese fünf Jahre die schönste Zeit meines Lebens, inklusive der ersten großen Liebe, Freunden, die mir bis heute geblieben sind, Skikursen, einer Lehrerin, der ich mein nahezu perfektes Deutsch verdanke und vielen anderen Erinnerungen. Ich habe meine Matura am BRG Wien V abgelegt und an der WU Wien mit meinem Studium begonnen. Kurzum, ich liebe Wien, und Österreich ist ganz klar meine zweite Heimat. Entsprechend leicht fiel mir die Entscheidung mich 2018 auf die Stelle bei der Kroatischen Zentrale für Tourismus in Wien zu bewerben. Aber natürlich gibt es auch Dinge, die ich an Zagreb vermisste. An erster Stelle meine Eltern, meine Brüder mit deren Familien und meine Freunde. An zweiter Stelle die Kochkünste meiner Mutter, die sie von meiner Oma geerbt hat und perfektioniert hat. An dritter Stelle – der Morgenkaffee in der Morgensonne auf der Terrasse meines Stammlokals.

Wein, Öl, Käse. Für welchen Genuss finden sich nach einem Besuch in Ihrer Heimat immer noch ein Platz im Kofferraum?

Toncinic: Wenn es um Genuss aus Kroatien geht, findet sich immer ein Platz in meinem Kofferraum, bzw. in der tragbaren PKW-Kühlbox, die ich mir eigens für diesen Zweck gekauft habe. Käse ist eigentlich immer mit dabei. Sei es Frischkäse oder der bekannte Pager Käse. Außerdem Dalmatinischer Pršut, hausgemachtes Olivenöl, frischer Adriafisch vom Markt und Früchte vom Bauernhof. Ich lasse mich immer von der jeweiligen Saison verführen. Ein Stück Heimat kommt aber immer mit.

Vielen Dank für das Interview!

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