Der Netzausbau in Europa boomt – nur nicht in Deutschland
Weiche: Deutschland am falschen Gleis
Deutschland investiert zu wenig Geld in sein Schienennetz, bemängelt das Bündnis „Allianz pro Schiene“. „Das hat nichts mit Politik zu tun“, sagt Dirk Flege, der Geschäftsführer der „Allianz pro Schiene“. 2,5 Mrd. Euro stelle die Deutsche Bundesregierung für den Schienenausbau und -verbesserung zur Verfügung. „Meine These ist, dass wir vier Mrd. Euro brauchen“, sagt Flege. Im Vergleich zu den anderen Industrieländern Europas rangiert die Bundesrepublik ganz weit hinten im Ranking, wenn es um Investitionen in das Schienennetz geht. Der Spitzenreiter ist die Schweiz. Die „Allianz pro Schiene“ hat berechnet, dass das Land pro Bürger jährlich 308 Euro investiert.
Österreich belegt im Schienenausbau den zweiten Platz. 230 Euro pro Bürger zahlt die Regierung jährlich, um alte Schienen auszutauschen und neue aufzubauen. Die beiden Alpenländer investieren mehr in ihre Schienennetze als in ihre Straßeninfrastruktur. Aber auch andere Europäer haben Deutschland längst überholt. Schweden zahlt pro Jahr und Bürger 164 Euro für das Schienennetz, die Niederländer geben etwa 160 Euro pro Kopf aus. Im Vergleich dazu: Deutschland nimmt lediglich 53 Euro pro Bürger aus den Bundesmitteln in die Hand, um die Eisenbahnnetze zu verbessern. „Deutschland verliert den Anschluss“, warnt Flege.
Deutscher Sonderweg: Straßen statt Schienen
„Die Pro-Kopf-Zahlen sind ein Alarmsignal für einen besorgniserregenden deutschen Sonderweg“, sagt der Geschäftsführer der „Allianz pro Schiene“. Deutschland sei nicht „pro“, sondern „anti“ Schienenausbau. Seit Jahren investiere der Bund – unabhängig welche Partei – um ein Vielfaches mehr Geld in die Straße als in die Schiene. Die Bundesregierung könne von der Investionspolitik ihrer europäischen Nachbarn lernen, sagt Flege. „Die Transitländer Schweiz und Österreich bereiten sich ganz gezielt auf den Boom im Schienen-Güterverkehr vor, während Deutschland die Gelegenheit zu verpassen droht, in Zukunft einen Großteil des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene zu holen“, kritisiert Flege.
„Global boomt der Eisenbahnausbau, während die Investitionsbereitschaft in Deutschland auch weltweit gesehen am unteren Ende der Skala rangiert“, sagt Lars Neumann von der Beratungsfirma SCI Verkehr. Vergleiche man das Verhältnis von deutscher Wirtschaftskraft und den staatlichen Investitionen ins Schienennetz, dann würde es in Deutschland noch magerer aussehen. Die europäischen Spitzenreiter könnten mit der Investitionskraft von Schwellenländern wie China und Russland jederzeit mithalten, während Deutschland weit abgehängt sei. „Gemessen an der Wirtschaftskraft verliert Deutschland innerhalb seiner Liga“, sagt Neumann.
pte
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