Städte der Zukunft werden flexibler

Städte der Zukunft werden flexibler

Städteplaner: Revolution der Infrastruktur steht bevor

Die Städte der Zukunft gestalten ihre Infrastruktur flexibler, koppeln ihre Einzelsektoren untereinander besser und verstärken die Mehrfach-Nutzung von Gebäuden. Zu diesem Schluss kommen Experten des Deutschen Instituts für Urbanistik in einer von der Wüstenrot Stiftung beauftragten Studie. „Klimawandel, Überalterung und Globalisierung stellen die Städte vor neue Herausforderungen. Wir haben analysiert, was das für die Planung bedeutet“, erklärt Studienleiter Jens Libbe. Untersucht wurden die Sektoren Energie, Wasser, Abwasser, öffentlicher Verkehr, Gesundheit und Bildung.

Energie, Verkehr und Abwasser hängen zusammen

Das Zeitalter der zentralisierten Energiesysteme ist zu Ende, so der Experte. „Regenerative Stromerzeugung ist dezentral organisiert und muss lokale Einspeisung ermöglichen. Zudem verändern Passivhäuser den Wärmebedarf.“ Eng damit verbunden ist die Entwicklung des Verkehrs. „Schafft die Elektromobilität den Durchbruch, so werden die Themen Smart Grid und Speichernutzung von Autobatterien vorrangig sein. Daneben zeichnet sich bereits ein Trend zu flexiblen Bedienformen des öffentlichen Verkehrs ab.“ Zu Letzteren zählt Libbe Modelle wie Carsharing, Bürgerbusse, Sammeltaxi oder erleichtertes Umsteigen zwischen Individual- und öffentlichem Verkehr.“

Mitteleuropas Abwassersystem funktioniert bisher gut. Dennoch müsse man laut dem Experten in Zukunft auch hier optimieren. Das bedeute eine dezentralere Gestaltung mit engerer Verknüpfung zum Energiesektor. „Das Abwasser besitzt viel ungenutzte Wärme, da es im Normalfall mit 25 Grad das Gebäude verlässt. Bei Passivhäusern ist das Abflussrohr gar das einzige Wärmeleck.“ Ähnlich sei auch die energetische Nutzung der Reststoffe von Kläranlagen durch Biogaserzeugung sinnvoll. Mehrere Modellprojekte gibt es dazu bereits in Deutschland, etwa auf der internationalen Bauausstellung Hamburg.

Bücherei und Theater in der Schule

In der sozialen Infrastruktur stellt sich für Städtebauer die Frage, ob künftig mehrere Angebote in demselben Gebäude zu vereinen sind. Libbe veranschaulicht das am Beispiel der Bildung. „In vielen Gebieten sinken die Alterskohorten, was Rückbau und Umnutzung von Schulen zur Folge hat, während es in wachsenden Vierteln noch Zubau gibt. Da der Trend in Richtung Ganztagsschule mit Begleitangeboten weist, sind Bildungslandschaften ein Zukunftsmodell. Das heißt dann etwa, dass Bibliotheken, Lokale, Theater oder Musikunterricht in Schulgebäude integriert sein können.“

Ältere Menschen

Kopfzerbrechen bereitet auch Urbanisten der Gesundheitssektor. Trotz steigenden Anforderungen durch die älter werdende Gesellschaft nimmt die Zahl der Hausärzte ab, zudem bevorzugen niedergelassene Mediziner sozial gehobene Stadtviertel. Im Spitalsbereich sind Abbau, Spezialisierung und Privatisierung voll im Gange, da besonders die öffentlichen Spitäler in Finanzierungsnot stecken. „Die Städte als Krankenhaus-Träger werden den medizinischen Versorgungsbedarf künftig strategischer beobachten. Darauf städteplanerisch zu reagieren heißt auch, attraktive Flächen für die Ansiedlung von Hausärzten bereit zu stellen, wo dies nötig ist“, so Libbe.

Veraltete Standards

Vom Denken in Standards für Quartiere, die man vor Jahrzehnten auf Grundlage wachsender Demografie, Energie und Technik erstellte, verabschiedet sich die Städteplanung allmählich. „Statt der früheren Generalisierung stellt sich nun die Frage, wie Standards und Akteure für die Infrastruktur von jedem einzelnen Objekt aussehen müssen“, erklärt der Berliner Städteplaner.

pte

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