Dirigent Teodor Currentzis und Regisseur Romeo Castellucci beim TerrassenTalk der Oper „Don Giovanni“.
Große Oper bei den Salzburger Festspielen. Die Jubiläums-Inszenierung der Mozart Oper Don Giovanni konnte erst im zweiten Jahr gefeiert werden mit einer spektakulären Aufführung. Lebende Tiere kommen auf die Bühne, ein Wagen stürzt vom Himmel und alles dreht sich vermeintlich um die Liebe.
Mit neuen Sichtweisen des Regisseurs
Die Liebe ist Don Giovannis größter Wert im Leben. Dass er bereit ist für diese Liebe zu betrügen, zu vergewaltigen, sogar zu töten, das macht für Dirigent Teodor Currentzis die Komplexität der Figur, des Mythos Don Giovanni aus.
„Mozart stellt in dieser Oper Fragen, ohne Antworten zu geben“, sagt Teodor Currentzis, der die Neuinszenierung der Salzburger Festspiele dirigiert. „Sind die Werte, die wir als Gut und Böse kategorisieren aufrichtig? Für mich schwingt hier das biblische Element mit – gute Menschen kommen in den Himmel, schlechte in die Hölle.“
Und dabei habe Don Giovanni nicht einmal die schönsten Arien. Die habe Don Ottavio, der gewissermaßen das Spiegelbild Don Giovannis darstelle.
Neuinszenierung in der Mozartstadt
217 Aufführungen des Don Giovanni hat es in der Geschichte der Salzburger Festspiele bereits gegeben, die erste 1922 in deutscher Sprache als Don Juan. In diesem Sommer führt Romeo Castellucci Regie, der 2018 für seine Inszenierung der Salome bei den Salzburger Festspielen mehrfach ausgezeichnet wurde. Dass er nun in der Mozartstadt eine Mozartoper inszenieren dürfe, sei für ihn eine große Ehre.
„Ich möchte eine Atmosphäre der Schönheit kreieren“, sagt der Regisseur. „Teodor und ich haben die gleiche künstlerische Vision, wir sehen die Aufgabe der Kunst identisch“, sagt er.
Was der Dirigent in der Musik zu Tage fördere, das wolle er in seiner Inszenierung zeigen. Er habe in der Art und Weise, wie Teodor Currentzis die Musik interpretiere sofort eine brennende Leidenschaft entdeckt, die auch er auf die Bühne bringen wolle. „Dieser Don Giovanni wird lebendig und zeitgenössisch“, verspricht er.
Auf subtile Weise sei der Tod in Mozarts Musik allgegenwärtig. Selbst in fröhlichen Passagen.
„Die Figur Don Giovanni eilt in dieser Oper auf den Tod zu. Er möchte sich auflösen, möchte sterben, möchte das aber lebendig tun und frönt dabei dem Leben“, sagt Romeo Castellucci. „Für Don Giovanni ist die Verdammnis die Erlösung.“ Erst durch seine Zerstörung erschaffe er sich selbst und seinen Mythos. „Ein paradoxes und kreatives System“, sagt der Regisseur.
Don Giovanni sei für ihn die schwierigste der Da-Ponte-Opern, sagt Teodor Currentzis. Schwierig in der Frage der Inszenierung. Doch mit Romeo Castellucci habe er einen kongenialen Partner gefunden und dafür bedankte er sich bei Intendant Markus Hinterhäuser. „Ich schätze es, wie Romeo die Details sieht, die anderen verborgen bleiben. Er hat eine unglaubliche Intuition, genau diese Details unter die Lupe zu nehmen und dabei sehr nahe an der Dramaturgie Mozarts zu bleiben“, sagt Teodor Currentzis.
150 Salzburger Frauen auf der Bühne
So bringt Romeo Castellucci 150 Salzburger Frauen als Statistinnen auf die Bühne. Wenn also Leporello in seiner Registerarie von Frauen als bloße Zahlen spricht, die wie Dinge behandelt werden und denen höchstens Attribute wie die Haarfarbe zugesprochen werden, so bringt der Regisseur diese Frauen auf die Bühne, gibt ihnen ein Gesicht und eine Geschichte.
„Es ist ein fantastisch konkreter Bezug zur Stadt, ich freue mich, dass wir 150 Salzburgerinnen dafür gewinnen konnten“, sagt er.
Don Giovanni als vollendetes Symbol der Einsamkeit treffe auf all diese Frauen, die sein Begehren verkörpern.
„Er zerstört, er spaltet, es herrscht Unordnung“, sagt Romeo Castellucci. Don Giovanni verkörpere das, was wir uns nicht trauen, sagt Teodor Currentzis. Er erkenne in der Oper drei Frauentypen: die Mutter, die Liebhaberin und die Zauberin.
Für ihn, so viel verriet Teodor Currentzis am Ende des TerrassenTalks, sei diese Inszenierung nur in Salzburg und nur zum 100-jährigen Jubiläum der Salzburger Festspiele möglich gewesen. Die Produktion sei eine Hommage an die Festspiele und er bedauere es, dass es nur sechs Aufführungen gebe.
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