Wir waren in Saas-Fee im Saarstal und haben die Schwester von Ex-Skistar Pirmin Zurbriggen zum Gespräch getroffen.
Wir haben mit ihr über ihre Erfahrungen als ehemalige Skirennläuferin, ihren Verletzungen, dem Erfolgsdruck als Schwester eines der erfolgreichsten Schweizer Skirennläufer gefragt und wie sie heute lebt und was sie beruflich macht.
Heidi Zurbriggen, Jahrgang 1967, inzwischen verheiratete Heidi Andenmatten-Zurbriggen, galt in ihrer Jugend als eine der größten Schweizer Nachwuchshoffnungen. Sie stand allerdings im Schatten ihres erfolgreicheren Bruders Pirmin Zurbriggen. Ihre ersten Weltcuppunkte holte sie sich am 8. Dezember 1984 als Zwölfte im Super-G in Davos. Bei den Juniorenweltmeisterschaften 1985 gewann sie die Goldmedaille in Abfahrt, im Riesenslalom und Slalom wurde sie jeweils Zweite.
Dann erkrankte sie jedoch an einem Virus und war 1986 wegen Polyarthritis ähnlicher Symptome über ein halbes Jahr an einen Rollstuhl angewiesen, erholte sich wieder – wie sie es nennt durch Eigenheilung – und setzte ihre Karriere in den Jahren 1994 wieder fort.
Bei den Weltmeisterschaften 1996 in der Sierra Nevada gewann Zurbriggen hinter Isolde Kostner die Abfahrts-Silbermedaille. Am 6. März 1996 gelang ihr in der Abfahrt von Kvitfjell der erste von insgesamt drei Weltcupsiegen. Im März 1998 trat Zurbriggen vom Spitzensport zurück. Sie absolvierte dann eine Ausbildung zur medizinischen Masseurin und eröffnete 2001 im Hotel ihres Bruders in Saas-Almagell eine Praxis. Dort trafen wir sie auch.
Besser länger Leben (BLL):
Wie empfanden Sie als Schwester von Pirmin Zurbriggen, der damals zu den erfolgreichsten Skirennläufern gehörte, den Druck der Öffentlichkeit? Haben Sie sich selbst Druck gemacht, erfolgreich zu sein und war dies möglicherweise auch einer der Gründe für ihre schwere Erkrankung?
Natürlich war die Erwartungshaltung der Öffentlichkeit und speziell den Schweizer Medien groß und man wird immer wieder mit Pirmin verglichen. Aber Dank meinen Schweizer Skiverband könnte ich damals recht gut damit umgehen. Selbst habe ich mir bewusst keinen innerlichen Druck auferlegt. Warum es zu dieser Infektionskrankheit gekommen ist konnte mir niemand erklären. Auch ich nicht, ich war immer eine sehr robuste auch körperlich stärkere Rennläuferin – umso mehr hat es mich gewundert, dass das gerade mir passiert. Ich war natürlich anfangs schon am Boden zerstört, aber als Rennläuferin ist man Kämpfen gewohnt und so kämpfte ich mich durch, bis es wieder ging.
BLL:
Wie blicken Sie heute Jahre danach auf ihre Karriere zurück?
Heidi Andenmatten-Zurbriggen:
Ich war mit Herz und Freude beim Skifahren, die Krankheit hat mich damals schon etwas aus meinem „Tritt“ geholt. Aber es war auch sehr mühsam wieder Anschluss zu finden. Ich musste lernen wieder mich zu überwinden, alles zu geben. Aber schön langsam ist auch mein Lebens- und Siegeswille wieder zurückgekehrt und es hat sich ausgezahlt. Vielleicht hätte ich ohne der Krankheit mehr Rennen gewonnen. Aber was soll es, Rennfahren ist auch nur eine bestimmte Zeit, den wesentlich längeren Zeitraum lebt man danach und da ist man als Spitzensportlerin schon froh, dass man ohne Einschränkung Laufen, Skifahren und Golfen kann. Ist ja bei vielen ehemaligen Kolleginnen und Kollegen nicht immer so.
BLL:
Was ist aus der Zeit des Spitzensports geblieben und was haben Sie für ihr heutiges Leben mitgenommen?
Heidi Andenmatten-Zurbriggen:
Als ich 1998 mit dem Rennfahren Schluss machte, fing eine neue Phase in meinem Leben an. Vielleicht durch meine Erfahrungen mit meiner Krankheit und auch dem Leben als Skiläuferin mit Verletzung, Zerrungen und den fast täglichen Umgang mit Physiotherapeuten entwickelte sich eine Nähe zur Medizinischen Massage. So besuchte ich dann in Aarau eine dreijährige Ausbildung zur medizinischen Masseurin. Seit 2001 mache ich dies nun.
BLL:
Was kann man unter medizinischen Massage verstehen und wer kommt zu Ihnen?
Heidi Andenmatten-Zurbriggen:
Gesund bleiben, was den gesamten Bewegungsapparat betrifft, die Wiederherstellung von Fehlstellungen und damit verbundenen Schmerzen nach Verletzungen – egal bei Spitzsportlern oder normalen Menschen – ist eine Grundvoraussetzung ob wieder gut leben zu können und gesund älter zu werden. Heute kommen aus allen Schichten Patienten zu mir, aktive und ehemalige Sportler, Menschen nach Unfällen oder Brüchen oder auch Menschen die einfach nur eine Fehlstellung durch schlechte Körperhaltung haben. Meine Arbeit mit Menschen ist vielseitig und es freut mich dann umso mehr, wenn ich nach einiger Zeit nach der Therapie ein positives Signal bekomme.
BLL:
Was bieten Sie heute ihren Patienten an?
Heidi Andenmatten-Zurbriggen:
Grundlage für eine Konsultation seitens der Patienten sind immer Schmerzen oder körperliche Einschränkungen. Am Beginn folgt dann immer eine Art Bestandaufnahme, wo liegt das Problem, wodurch ist es entstanden und was können wir dagegen tun. Erst danach wähle ich die richtige Therapie aus. Dies reicht von einer Bindegewebsmassage über eine Elektrotherapie, einer Fussreflexzonen-Massage, einer Hydrotherapie bis hin zu einer klassischen Massage oder manuellen Lymphdrainage.
Natürlich werden im Rahmen meiner Therapie auch alle relevanten anderen Rahmenbedingungen wie Ernährung, Lebensweise und Gemütszustand analysiert. Speziell hier gibt es sehr gute begleitende Therapieansätze.
BLL:
Wir alle kennen Schwankungen des inneren Gemütszustandes, speziell wenn man älter wird. Gibt es ein Patentrezept und was ist ihr Credo, was man beherzigen soll und was man dagegen tun kann.
Heidi Andenmatten-Zurbriggen:
Ja das gibt es sehr wohl. Unser Leben ist nicht immer nur Schönwetter. Manchmal kann es eine schwere Verletzung, ein schwerer Schicksalsschlag oder was immer sein und unser Leben gerät auf eine schiefe Ebene.
Wie kommt man da wieder raus?
Zu allererst ist es der Lebenswille, da tun sich Sportler die kämpfen gewohnt waren, naturgemäß leichter. Aber eine positive Lebenseinstellung und auch ein positives Leben im Alltag- und keine negative Lebenseinstellung – ist wichtig und oftmals eine Grundvoraussetzung.
Ich sehe dies deutlich bei meinen Behandlungen, manchen Patienten nehmen alles lockerer und sehen ihre Krankheit von einer positiven Seite und orientieren sich an der Zukunft. Jeden Tag ein Fortschritt bei der Therapie. Manche Probleme brauchen auch längere Zeit.
Mein Credo:
„Wann haben Sie zuletzt herzhaft gelacht?“ – Daran sollte man jeden Tag zumindest einmal denken.
Vielen Dank für das herzliche Gespräch!
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