Reisen – bedeutet das Fremde erkunden

Coronavirus zeigt Bedeutung von Reisen

Der Reisephilosoph Klaus Kufeld sagt – „Mobilität ist ein Menschenrecht“.

Reisephilosoph Klaus Kufeld © Joachim Werkmeister

Was meint Klaus Kufeld zum Thema Reisen?

Reisen und dabei das Fremde erkunden, das ist für den Menschen unerlässlich. Durch ihre gesamte Geschichte hat die Menschheit den Drang verspürt, sich an neue Orte zu bewegen. „Mobilität ist eine anthropologische Konstante. Deswegen ist Reisen ein Menschenrecht“, erklärt der deutsche Reisephilosoph Klaus Kufeld. Das Coronavirus schiebt dem nun vorerst einen Riegel vor. Dadurch zeigt es die Wichtigkeit des Reisens und zwingt den Tourismus zur Selbstreflexion. Kufeld wird das Tourismusforum der Europäischen Toleranzgespräche in Villach am 27. Mai eröffnen.

„Weniger ist mehr“

Laut Kufeld müssen Reisende vor allem in Betracht ziehen, welche Rolle sie im Weltgeschehen spielen. „Mit der Pandemie wächst das Bewusstsein, auch an das Schicksal anderer zu denken. Beim Tourismus stellt sich die Frage, ob weniger nicht vielleicht mehr ist. Ich sehe hier einen strengen Unterschied zwischen Reisen und Urlaub. Während Urlauber womöglich nur die Kulissen wechseln und ihr Ego pflegen, lassen sich Reisende auf das Fremde ein. Das Reisen soll kein Überfall auf fremde Länder sein“, sagt Kufeld.

War Reisen früher noch ein Privileg und Statussymbol, können es sich heute immer mehr Menschen leisten. Diese „Demokratisierung“ betrachtet Kufeld mit Bedacht:

„Wir müssen mehr darauf achten, dass für die ‚Bereisten‘ keine Nachteile entstehen. Es besteht eine Überbevölkerung des Planeten und eine Vermassung des Tourismus. Um die zunehmende Zerstörung der Umwelt und die Ausbeutung von Kulturstätten zu verhindern, muss sich die Menschheit auf ethische Kriterien einigen, die auch vom Einzelnen umgesetzt werden können“, erklärt Kufeld.

„Gebote statt Verbote“

Kufeld zufolge darf sich der Tourismus nicht ausschließlich kapitalistischen Regeln unterwerfen. Die Gastgeberländer bräuchten mehr Mitspracherecht dabei, wie intensiv der Reiseverkehr sein darf. Sie sollten in der Lage sein, die Flut an Touristen durch Maßnahmen wie Visa-Auflagen, Eintrittsgelder Besuchskontingente oder die Festlegung von Natur- und Kulturschutzgebieten zu kontrollieren.

„Gerade die schönsten touristischen Ziele haben ein Recht auf Würde. Regulierung bedeutet, dass verhandelbare Begrenzungen nötig sind. Sie sollten den Charakter von Geboten statt von Verboten haben“, so Kufeld.

Der Philosoph sieht es als selbstverständlich, dass Menschen weiterhin auf Reisen gehen wollen und müssen. Jedoch brauche es mehr Qualität und weniger Quantität.

„Es müssen nicht alle zu jeder Zeit überall hin und zu Dumping-Preisen reisen. Hier ist weniger Ego angesagt, um individuelle Bedürfnisse mit unserer Verantwortung dem Planeten gegenüber zu versöhnen. Letztlich können alle Reisenden das Angebot mitbestimmen. Die Touristen sind nicht die anderen“, meint Kufeld abschließend.

Klaus Kufeld ist Autor, Essayist und Gründungsdirektor des Ernst-Bloch-Zentrums in Ludwigshafen am Rhein, das er ebenso wie die Bloch-Stiftung bis 2018 geleitet hat. Zahlreiche Lehraufträge führten ihn an Hochschulen und Universitäten in Deutschland und China. Als Autor und Herausgeber widmete er sich insbesondere der „Reise als Utopie“, Europa-Themen, Reiseessays und dem Wandel der Kulturen. Bei den Europäischen Toleranzgesprächen wird Kufeld eine Keynote zum Thema „Ich bin dann mal weg: Warum wir aus der Gewohnheit ausbrechen“ halten.

pte

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