Chirurg Dr. Philippe Bull

Was meint der Mediziner

Wie er als Facharzt für Chirurgie über ambulant durchzuführende Eingriffe denkt, erfahren Sie hier.

Interview mit Dr. Philippe Bull.

BLL: Herr Dr. Bull, Sie haben drei Ordination in Wien Sievering, im Heiligenkreuzerhof in Wien Stadt und in Baden. Welche Behandlungen können Sie Patienten anbieten?

Dr. Bull: Ich habe eigentlich nur 2 Ordinationen, eine Kassenordination in Sievering und eine private ebenerdig behindertengerechte im ehrwürdigen Heiligenkreuzerhof in der inneren Stadt. In Baden sind bisher tages-chirurgische Venenoperationen durchgeführt worden, zusätzlich bin ich Konsiliarchrirurg für Venenangelegenheiten bei Prof. Dr. Christoph Kopp im Juvenis Medical am Graben und führe seit fast 15 Jahren die chirurgische Ambulanz im Haus der Barmherzigkeit in der Seeböckgasse in Ottakring.

Unser Hauptaugenmerk in den Ordinationen sind die ambulante Endoskopie, Proktologie und Venenoperationen in Sedoanalgesie, die keinen Spitalsaufenthalt bedürfen und somit spitalsbezogene Erschwernisse wie z. B. Wartezeiten, Infektionsgefahr und vor allem Immobilisation minimieren.  Wir begutachten auch sehr viele gastrointestinale Erkrankungen, die  chirurgische , laparoskopische Eingriffe  im Spital bedürfen. Diese werden dann von meinen mitwirkenden Praxiskollegen Prof. Dr. Michael Bergmann und Thomas Bachleitner-Hofmann im AKH operativ als auch bei Bedarf onkologisch versorgt. Die Nachbehandlung erfolgt dann wieder in der Praxis.

BLL: Das Thema Vorsorge wird immer wichtiger, was raten Sie Patienten speziell ab 50 Jahren? Welche Vorsorgeuntersuchungen sind für ältere Menschen besonders wichtig?

Dr. Bull: Vorsorge rettet Leben, vor allem was den Darmkrebs betrifft, da sind wir uns einig. Der gewöhnlich lange Zeitablauf zwischen dem Auftreten von Polypen und ihrer malignen Enthärtung bietet die große Chance zur Früherkennung und Vorbeugung. Aufgrund ihrer hohen Sensitivität und Spezifität wird die totale Koloskopie in Deutschland, Österreich und der Schweiz als Standardverfahren empfohlen. Seit Einführung der nationalen Vorsorgekoloskopie, die wir seit Anbeginn durchführen, lassen sich nachweislich in Österreich hunderte Darmkrebsneuerkrankungen pro Jahr verhindern.

Die Lebenserwartung bei Darmkrebs ist seit 5 Jahren nachweislich im Steigen. Erfahrungen haben gezeigt, dass qualitätsgesicherte Einrichtungen wie unsere Ordination, mehr Krebsvorstufen bei der Endoskopie finden, was das Erkrankungsrisiko deutlich herabsenkt. Die Darmvorsorge in Deutschland ist etwas anders als in Österreich, wo die Untersuchung erst ab dem 55. Lebensjahr stattfindet. In Österreich wird die Coloskopievorsorge ab dem 50. Lebensjahr empfohlen.  Patienten haben zweimal im Abstand von zehn Jahren Anspruch auf diese Vorsorgeuntersuchung. Alle zwei Jahre sollte noch dazu eine Stuhluntersuchung auf Blut durchgeführt werden.

BLL: Man hört oftmals, dass Chirurgen sehr schnell zu Operationen und damit verbundenen Spitalsaufenthalten raten. Wie ist hierzu ihre Meinung?

Dr. Bull: Chirurgen leben von zufriedenen Patienten, in manchen Fällen ist ein schneller Eingriff von Nöten, jedoch viele Eingriffe, wie ich in Frankreich und Nord-Amerika gesehen habe, können durchaus ambulant durchgeführt werden. Das Prinzip wird aber von unseren Versicherungsträgern nicht besonders gefördert, da die Spitalskosten zwischen Gemeinde, Land und Bund aufgeteilt werden und somit nicht kostendeckend sind,  was im niedergelassenen Bereich nicht zutrifft, weil nur leistungsbezogen gearbeitet werden muss.

BLL: Gibt es in ihren Fachgebieten Beispiele wo eine rechtzeitige und sinnvolle Vorsorge den oder die Patienten vor einem chirurgischen Eingriff bewahren konnte. Was sind die typischen Beispiele?

Dr. Bull: Das Hauptbeispiel ist die frühzeitige Erfassung von Polypen: durch die koloskopische Polypektomie kann die Inzidenz von Darmkrebs bis zu 90 % gesenkt werden. In Studien wurde für die Screening – Darmspiegelung eine statistisch signifikante Senkung der Inzidenz vom Darmkrebs und deren Sterblichkeit gezeigt.

Die heutige Video-Endoskopie erlaubt mittels Computer-gesteuerter Färbung eine genauere Unterteilung der Schleimhaut-eigenschaft und somit eine zielgenauere Erfassung von Polypen. Wir führen  seit 3 Jahren die Kohlendioxyd-assistierte Endoskopie durch, was eine große Erleichterung für die Patienten nach der Untersuchung ermöglicht, da sie keine Blähung mehr zu beklagen haben und die Wirkung unserer „sanften Endoskopie“ untermauert wird.

BLL: Patienten gehen noch immer laut Auskunft der Sozialversicherungen in erster Linie zur Behandlung und Operation – auch wenn es nur ein kurzer Eingriff ist – in Spitäler. Gibt es Nachteile und welche Vorteile bieten ambulante Privatordinationen wie ihre für den Patienten?

Dr. Bull: Viele operative Eingriffe können ambulant im Krankenhaus, aber auch in der Praxis durchgeführt werden. Die Entwicklung neuer schonender Operationstechniken und modernste Narkoseverfahren führen dazu, dass tagelange Krankenhausaufenthalte vermieden werden.

Der erste Vorteil liegt klar auf der Hand: Patienten können noch am Operationstag wieder nach Hause und sich in Ihren eigenen vier Wänden erholen. Aber natürlich hat eine ambulante Operation auch noch weitere Vorteile: Es werden besonders schonende Operationsmethoden wie zum Beispiel die minimal invasive Laserchirurgie für Krampfadern und Hämorrhoiden angewendet. Moderne Anästhesieverfahren in Sedoanalgesie mindern das Narkoserisiko und tragen dazu bei, dass der Behandelte bereits nach kurzer Zeit in der Lage ist, sich selbst zu versorgen.

Das Risiko, sich mit Krankenhauskeimen zu infizieren, ist durch die kurze Verweildauer deutlich geringer als bei einem Krankenhausaufenthalt. Durch die frühzeitig einsetzende Mobilisation verringern sich Risiken wie zum Beispiel Thrombosen oder Embolien. Vor allem bei älteren Patienten entfallen die psychischen Belastungen und Ängste, die oftmals mit einem Krankenhausaufenthalt verbunden sind. Voraussetzung ist aber ein intaktes soziales Netzwerk, dass eine häusliche Verpflegung gewährleistet, so dass bei möglicher Komplikation schnell reagiert werden kann. Eine direkte Verbindung zum Spital und Notdienst muss vorhanden sein.

BLL: Bekommt man Eingriffe in ihren Ordinationen durch seine Krankenkasse ersetzt? Kann man auch die Sozialversicherungskarte bei ihnen einsetzen.

Dr. Bull: Wir sind mit allen Kassen vertragsgebunden. Leider hat sich der Leistungskatalog der Krankenkasse seit 50 Jahren kaum verändert, somit stehen nach wie vor im Katalog Amputationen und eine Reihe von nicht mehr zeitgemessenen Eingriffen an Hauptstelle der chirurgischen Kassenordination. Eine Modernisierung ist kaum möglich, da die Krankenkasse nicht bereit ist, mehr Leistungen zu bezahlen.  Im Prinzip werden alle Eingriffe bei uns mit der Krankenkasse verrechnet ,außer Laseroperationen und ultraschallgezielte Schaumverödung bei Krampfadern und Hämorrhoiden.

BLL: Welche Geräte für die Erstuntersuchungen bieten Sie ihren Patienten an oder muss der Patient diese Untersuchungen wie zB: Ultraschall wo anders machen lassen?

Dr. Bull: Sämtliche Untersuchungen wie Endoskopie, Sphinkterdruckmessung, Farbspektrometrie, Doppler-und Farb-Ultraschall werden in der Praxis durchgeführt. Die Venenuntersuchung und die Dopplerassistierte Ligatur der Hämorrhoiden werden von allen Kassen ,außer der BVA gedeckt.

BLL: Welche beruflichen und privaten Ziele verfolgen Sie in den nächsten Jahren?

Dr. Bull: Wir haben pro Jahr über 4000 Patienten , 8000 Eingriffe , davon ca. 4200 Endoskopien. Das Hauptziel im nächsten Jahr wird die weitere Perfektionierung unserer ausgezeichneten Mitarbeiter und Verbesserung interner Abläufe und Patientenbetreuung sein, sowie die Erarbeitung der ISO-Zertifizierung  für die Ordination und der Ausbau der Erfahrung , die wir im Moment mit dem Venenkleber als Ergänzung zum Laserverschluss der Krampfadern untersuchen.

Vielen Dank für das interessante Gespräch!

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4 Comments

  1. Die Narkose (mit Propofol) wird von wenigen KK bezahlt wie zB bei der NGKK. Die Beruhigungspritze mit Midazolam (Dormicum) wird im Allgemeinen bezahlt wirkt aber nicht bei jedem Patient gleich. Die Sedoanlagesie mit Propofol und Tramadol oder Fentanyl wird nicht bezahlt und kostet zwischen 50 und 100 Euro

  2. Ist eine Endoskopie auch mit Narkose mögich? Wird die von der Krankenkasse bezahlt? Wie hoch sind die Kosten?

  3. Es sind mehrere Faktoren, die zu einer sanfteren Endoskopie führen: geriffelte, schlanke Endoskope eignen sich ideal für Patienten mit einer problematischen Anatomie und für den Einsatz nach Baucheingriffe. Weiters, der Einsatz einer kontrollierten CO2-Insufflation im Vergleich zu der herkömmlichen Gabe von Raumluft bringt deutliche Vorteile ,wie zum Beispiel,weniger Blähungen mit sich. Nach Wunsch führen wir auch eine Sedoanalgesie mit Midazolam und Propolfol sowie Fentanyl oder Tramadol durch, was die Untersuchung erheblich verträglicher gestaltet.

  4. Was versteht man unter sanfter Darmspiegelung?
    Ich hatte das schon einmal machen müssen – das zwickte ganz schön und tat stellenweise auch weh.
    Für den Fall das ich es wieder machen muss will ich wissen ob bei der Methode (sanfte) von Dr. Bull ein Unterschied ist.

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