1000 Jahre Gastein – Ein Tal mit viel Geschichte

Provincia Gastuna

Foto©Gasteinertal Tourismus GmbH, moodley

2020 jährt sich die erste urkundliche Erwähnung – unter dem Namen „Provincia Gastuna“ – zum tausendsten Mal.

Im Jahr 1020 findet Gastein erstmals Erwähnung in den Geschichtsbüchern als ein Ort des gesellschaftlichen Zusammenlebens. In einer Urkunde zwischen Hartwig, dem damaligen Erzbischof von Salzburg, und zweier Brüder aus dem Geschlecht der Sieghardinger wird damals ein Handelsgeschäft festgehalten. Graf Sieghard V und Diakon Friedrich tauschten ihre Bauerngüter in den Ortschaften Wals, Tierlaching und Berndorf ein – im Gegenzug erhielten sie den Großteil der landwirtschaftlichen Nutzfläche der „Provincia Gastuna“, dies bedeutete nicht weniger als die gesamte Talbegrenzung, markiert durch die Berg-Grate im Süden, Osten und Westen – des heutigen Gasteinertales. Die Übereinkunft zwischen den beiden Parteien belegt die erste eigenständige Pfarre im Tal und damit die ersten festgeschriebenen Hinweise für gesellschaftliches und wirtschaftliches Leben.

Die Geschichte Gasteins erzählt von wohltuenden Thermalbädern, freudvollen Genüssen und prominenten Besuchern. Doch auch das Schöpfen großer Reichtümer spielte in der tausendjährigen Geschichte des Tales eine wesentliche Rolle. War es von der Mitte des 14. Jahrhunderts ausgehend vor allem die Gewinnung von Gold und Silber, nutzen die Menschen des Tales heute die eindrucksvollen Naturlandschaften, um deren Schönheit und Ruhe mit Gästen aus aller Welt zu teilen.

Die Geschichte Gasteins – ein Überblick

Erste Funde in der frühen Geschichte. Als erster Hinweis auf menschliche Aktivität in Gastein gilt der Fund eines Flintbeils, welches 1961 unterhalb des Hotels Straubinger entdeckt wurde und auf das Jahr 3750 v. Chr. datiert werden konnte. Aus der Römerzeit finden sich neben Spuren von Straßen über den Korntauern und den Nassfelder Tauern auch viele Münzfunde. Im achten Jahrhundert nach Christus siedelten sich schließlich bajuwarische und karantanische Bauern an und machten das Land an talnahen Hängen nutzbar.

Die Angliederung an Salzburg und die Entdeckung des Thermalwassers

Ab Beginn des zweiten Jahrtausends (1218-1297) gehörte die „Provinzia Gastuna“ zum größten Teil den Herzögen von Bayern, was die Pläne der mächtigen Salzburger Erzbischöfe, Salzburg zu einem eigenständigen Land zu machen, vorerst durchkreuzte. Der Salzburger Erzbischof Konrad IV brachte Verhandlungen über einen Verkauf Gasteins im Jahre 1297 schließlich zum Abschluss. Fortan gehörte die „Provinzia Castuna“ zu Salzburg und eine geschlossene Südgrenze des Reiches war gesichert.

Foto©Gastein Tourismus

Ein wesentlicher Grund für das steigende Ansehen Gasteins im Laufe der Zeit war das Thermalwasser, das wohl schon in frühgeschichtlicher Zeit in einfachen Becken genutzt worden sein dürfte. Einen ersten Badebetrieb im heutigen Sinn markiert das Jahr 1350, in welchem sich ein Bürger namens „Fritzel“ mit dem Zusatz „in Baden“ (bei den Bädern) in die Leibsteuerliste eintrug. Im Wildbad Gastein, im heutigen Bad Gastein, wurde zu jener Zeit das Wasser in Holzleitungen von den Thermalquellen in die Kurbäder geleitet. Um 1365 kamen mit Herzog Stephan II. von Bayern und Meinhard VII. die ersten hochrangigen Besucher ins Tal, um die Heilkraft des flüssigen Tauerngoldes zu nutzen und bei der Gelegenheit einen Heiratsvertrag für Catharina von Görz und Herzog Johann II. von Bayern abzuschließen. Der erste namentlich erwähnte höchstrangige Kurgast war der spätere Kaiser Friedrich III., im Jahr 1436. Viele weitere royale Besucher sollten noch folgen, wie unter anderem Kaiser Franz I. von Österreich, Erzherzog Johann, Kaiser Franz Joseph und Sisi, Kaiser Wilhelm I. sowie Leopold II. von Belgien.

Der Höhepunkt des Bergbaus und der Boom des Kurwesens

Mitte des 14. Jahrhunderts begann dann der zweite Wirtschaftszweig, der das Tal neben dem Thermalbadebetrieb prägen sollte, zu wachsen: der frühneuzeitliche Bergbau nach den Edelmetallen Gold und Silber. Schon 1342 wurde für Gastein eine eigene Bergbauordnung erlassen. Der absolute Höhepunkt des Gold- und Silberabbaus fand im Jahr 1557 statt, mit 830 kg Gold und 2.723 kg Silber. Mitte des 16. Jahrhunderts stand Gastein an der Spitze der ertragreichsten Goldbergbaugebiete im deutschen Sprachraum. Nach 150 Jahren des intensiven Abbaus lohnte sich der Abbau in den Erzlagern im 19. Jahrhundert finanziell nicht mehr, 1616 mussten die letzten privat geführten Gewerke die Gewinnung Bergbau aufgeben. Im Jahr 1865 schloss das letzte staatlich-betriebene Bergwerk seine Stollen. Und das obwohl sich immer noch eine Milliarde Euro an Gold in den Gasteiner Bergen verstecken soll.

Während der Goldabbau ein vorzeitiges Ende fand, konnte das Kurwesen im 19. Jahrhundert Fahrt aufnehmen. Die alte Wirtstaverne am Wasserfall verwandelte sich in mehreren Bauphasen in das legendäre Hotel Straubinger und der alte Schweinestall in das 1794 fertiggestellte Badeschloss. Nach der Übernahme der Habsburger im Jahr 1816 bekam man im Tal immer öfter prominenten Besuch: Erzherzog Johann, Franz Schubert oder auch Franz Grillparzer, um nur einige zu nennen. Mit dem Bau der Thermalwasserleitung von Bad Gastein nach Bad Hofgastein läuteten Kaiser Franz Joseph I. und Ideengeber Erzbischof Ladislaus Pyrker schließlich endgültig eine neue Ära in Gastein ein. Und nachdem mit dem Haus Solitude im Jahr 1839 die gehobene Gastronomie mit erlesenen Speisen und edelsten Weinen Einzug hielt, kamen weitere hochkarätige Gäste wie Kaiser Wilhelm I., Kanzler Fürst Otto von Bismarck, Kaiser Franz Joseph I. und Kaiserin Elisabeth zu Besuch.

Vom Gold zur Gesundheit

Am Radhausberg in Böckstein hat man im Mittelalter unvorstellbare Mengen an Gold gefördert. Zu der Zeit galt Gastein als Goldkammer Europas. In den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts verfolgte man die Idee, die Erzgänge am Radhausberg mit einem Stollen zu unterfahren und so erneut auf ergiebige Goldvorkommen zu stoßen. Man ahnte jedoch nicht, dass vermutlich das Thermalwasser dem Menschen zuvorgekommen war. Das wertvolle Nass, das über die Erzgänge seinen Weg nach oben findet, hat über die Jahrhunderte alle Erze aus dem Berg gelöst. Übrig geblieben sind feine Risse und Klüfte, über die heute vom Quellspiegel der radonhaltige Wasserdampf bis in den Stollen aufsteigt. Hier erwärmt er das Gestein und bewirkt dieses einzigartige Heilklima.

Der Aufbruch in die Moderne

Im ausklingenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert wurden zahlreiche der eleganten Belle Époque Gebäude wie das Grand Hotel de l’Europe errichtet. Ein wichtiger Meilenstein in der Geschichte des Tales bildet auch der Bau der Tauernbahn 1901 als wichtige Nord-Süd-Verbindung im Bahnnetz und die Eröffnung der Strecke 1909. Im Jahr 1938 unternahm die deutsche „Preußag“ einen erneuten Versuch des Abbaus von Edelmetall. Im Radhausberg entdeckte man zwar kein Gold, dafür trat etwas zu Tage, was später zu einem einzigartigen Therapiezentrum werden sollte. Mit einer Lufttemperatur von rund 40°C und einem Gehalt an Radongas von 44 kBq/m3 in der Luft wurde der Gasteiner Heilstollen zum weltweit größten Therapiezentrum für Morbus Bechterew Patienten.

Nach dem zweiten Weltkrieg wurden weitere Hotels gebaut, Restaurants eröffnet sowie Infrastrukturen geschaffen, die den aufkommenden Sommer- und Wintertourismus vorantreiben sollten. Großen Anteil am Aufschwung hatten natürlich die Errichtungen moderner öffentlicher Bäder und der Ausbau der Liftanlagen der Gasteiner Bergbahnen in Sportgastein, Bad Gastein und Bad Hofgastein. Winterliche Großereignisse wie die Ski-Weltmeisterschaft 1958 am Graukogel waren die logische Folge. Ein weiterer Meilenstein der jüngeren Geschichte war die Errichtung des größten Nationalparks Österreichs, des Nationalparks Hohe Tauern, dem die Berge im Süden Gasteins angehören.

Foto©Ausblick vom Graukogel/Gastein Tourismus

Die Kombination aus wunderbarer Landschaft, außergewöhnlicher Architektur in den Alpen, reinster Luft und heilsamem Thermalwasser lockte auch weiterhin prominente Gäste an. Waren es früher die Adeligen, so kamen in den 1950ern viele bekannte Filmschauspieler wie Hans Moser oder Paula Wessely. Im Jahre 1969 sperrte die erste öffentliche Therme Österreichs, die Felsentherme in Bad Gastein, auf. 1980 eröffnete Reinhardt Stefan Tomek das Grand Hotel de l`Europe neu und holte zahlreiche Filmstars in das Tal. Gäste wie Liza Minnelli, Charles Aznavour oder Peter Ustinov prägten Bad Gastein als „Monte Carlo der Alpen“. Darüber hinaus kamen und kommen viele Größen der Musik- und Filmwelt wie Jude Law, Nicolas Cage, Hugh Grant, Falco oder Bono Vox nach wie vor nach Gastein.

Im Zeitraum von 1999 bis 2005 wurden das Straubinger, das Postgebäude und das Badeschloss gemeinsam mit dem Kongresszentrum und dem Haus Austria vom Wiener Investor Franz Duval und dem Wiener Architekten Franz Wojnarowski erworben. Anfängliche Zusagen, die Häuser revitalisieren zu wollen, erfüllten sich leider nicht. Erst 2017 konnte das Land Salzburg die drei ehrwürdigen Gebäude am Straubingerplatz erwerben und später erfolgreich an die Münchner Bekleidungsfirma Hirmer beziehungsweise deren Tochter Travel Charme verkaufen. Die Ankündigung mit einem Fünf-Sterne- und einem Vier-Sterne-Hotel bis 2023 einen laufenden Betrieb gewährleisten zu wollen, löste erst kürzlich einen wahren Immobilien-Boom in Bad Gastein aus. Noch 2020 eröffnet die trendige Selina Gruppe ein Hotel in Bad Gastein. 2023 wird das Kurhotel Mirabell wiedereröffnen und ein millionenschweres Bau- und Verkehrskonzept soll mitten im Berg einen Fußgängertunnel entstehen lassen, der das historische Zentrum mit der Bergbahn, der Therme und dem Bahnhof verbindet.

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