Was meint der Fahrradmechaniker?

Wartung gibt Sicherheit

Foto: Sebastian Sommer (47), Geschäftsführer Fahrrad 18 in Währing sowie Mag. der Philosophie, mit Matheo (5). (Foto: CAP-Kindersicherheit GmbH)

Im April sprießen nicht nur die Blumen, sondern auch die Kinder schießen in die Höhe. Zeit für ein Fahrrad-Upgrade?

Was der Osterhase beim Kinderradkauf beachten sollte, worauf es bei der Wartung ankommt und wie sich Corona auf die Fahrradindustrie ausgewirkt hat. Mag. Sebastian Sommer, der seit 2013 eine Radwerkstatt in Währing betreibt, zeigt, wie nachhaltiger Radspaß und Sicherheit funktionieren.

„Ich brauche das Radfahren zum Auslüften, zum Organismus-Durchputzen, zur Seelenhygiene.“

BLL: Herr Sommer wie kommt ein Magister der Philosophie zu einem Fahrradgeschäft? Gibt es einen bestimmten philosophischen Zugang zum Radfahren?

Sommer: Auch der Philosoph will essen (lacht). Und nein, man braucht keinen philosophischen Zugang zum Radfahren. Wobei, das Radfahren gibt mir einen bestimmten Halt. Ich fahre sieben Tage die Woche. Ich brauche das Radfahren zum Auslüften, zum Organismus Durchputzen, zur Seelenhygiene. Schon während meines Studiums habe ich bei einem Radhändler geringfügig gearbeitet, nach meiner Ausbildung zum Fahrradmechaniker habe ich mich 2013 dann selbstständig gemacht.

BLL: Das Rad ist das Verkehrsmittel der Stunde. Wie wirkt sich die Corona-Pandemie auf Ihr Geschäft aus?

Sommer: Corona betrifft die ganze Radbranche, wir sind massive Gewinner. Mit Beginn des ersten Lockdowns sind die Menschen von den Öffis aufs Rad umgestiegen. Fitnesscenter haben zugemacht, was dazu geführt hat, dass sich viele ein Rad gekauft haben. Es gibt Radhändler die ihren Umsatz verzwei- bis verdreifacht haben. Die Radindustrie hat dazugelernt: Beim Rad geht es jetzt nicht mehr nur um die Funktion, sondern auch um die Ästhetik – auch das hat dazu geführt, dass mehr Rad gefahren wird. Das ist ein Trend, der, so glaube ich, so schnell nicht mehr aufhört – vor allem in den Städten.

„Ein Fahrrad ist ein kostengünstiges Verkehrsmittel – deshalb muss sich auch ein Service in einem überschaubaren Rahmen befinden.“

BLL: Wie oft gehört das Kinderfahrrad zum Fachmann?

Sommer: Beim Auto ist es mit dem Pickerl vorgegeben, das macht jeder, das gibt es aber beim Fahrrad so nicht. Grundsätzlich sollte man mindestens einmal im Jahr in die Werkstatt bzw. sobald einem etwas Ungewöhnliches am Rad auffällt. Zum Beispiel wenn die Bremse nicht richtig funktioniert oder die Schaltung Geräusche macht. Ein Kinderrad-Service bei mir kostet 39 Euro. Luft, Öl, Wasser

BLL: Und was können die Eltern am Rad selbst machen?

Sommer: Den Reifendruck prüfen, schauen dass die Sitzhöhe passt, das Rad reinigen und die Kette ölen. Von mehr rate ich ab. Es kommt sehr darauf an, wie gut sich der entsprechende Elternteil wirklich auskennt.

BLL: Wie pflege ich die Kette?

Sommer: Empfehlenswert ist, dass man zuallererst die Kette mit einem trockenen Tuch abwischt. Ich persönlich bevorzuge Flasche statt Spray. Denn der Spray hat einen weiten Sprühwinkel, so kann es passieren, dass man auch die Bremsflanke erwischt, wodurch die Bremse dann nicht mehr gut funktioniert. Auch gilt: Weniger ist mehr. Das überschüssige Fett sollte man wiederum mit einem Tuch abwischen. Eine geölte Kette flutscht besser, das erhöht die Lebensdauer. Tipp: Alle zwei Wochen Kette abwischen und ein bisschen nachfetten. Auch nach jedem Regen.

BLL: Wie stelle ich fest, welche Sitzhöhe für mein Kind die richtige ist?

Sommer: Bei Kindern hängt die Einstellung der Sitzhöhe sehr stark von Fähigkeit und Alter ab. Für schon sichere Radlkids: Beide Kinderfüße sollten mit den Zehenspitzen gerade noch den Boden berühren. Je höher ein Kind sitzt, desto leichter tut es sich beim Radfahren – je mehr es das Bein durchstrecken kann. Tipp: Am besten ist es, das Kind zum Fahrradmechaniker mitzunehmen.

BLL: Was können Eltern beim Einstellen des Rades falsch machen?

Sommer: Viele ziehen die Sattelstütze zu weit raus, dann kann sie brechen. Daher wichtig: Auf die Markierung achten. Auch beim Lenkerrohr! Wenn der Lenker zu weit raus ist, dann wird´s richtig gefährlich, denn den könnte das Kind unterm Fahren unfreiwillig rausreißen. Bei Kinderrädern ohne Ständer passiert es auch oft, dass die Schaltung verstellt oder verbogen ist, einfach dadurch, dass es öfters hinfällt. Deshalb: Radständer drauf und gut.

BLL: Woom-Räder sind derzeit sehr beliebt, aber geht’s auch billiger?

Sommer: Ich habe einmal zu jemandem mit einem dieser Billigräder aus dem Spielzeug Superstore gesagt, dass das an Kindesmisshandlung grenzt. Das ist natürlich sehr schlecht angekommen und ich habe daraus gelernt. Aber grundsätzlich heiße ich es nicht gut, wenn Kinder auf schweren Rädern längere Strecken fahren müssen. Um sich das mal vor Augen zu führen: Wenn das Rad 11 kg hat und das Kind 20 kg, dann wäre es so, wie wenn der Erwachsene mit einem 40 kg Rad fahren würde. Dann sollte man sich nicht wundern, wenn das Radfahren dem Kind keinen Spaß macht.

BLL: Es ist also wichtig, dass das Kinderrad leicht ist. Auf was sollte man sonst noch achten?

Sommer: Alles sollte aufeinander abgestimmt sein. Die Bremshebel müssen so konzipiert sein, dass die Kinder auch dazukommen, dass die Reifen leicht rollen, dass die Geometrie so ist, dass die Kinder gut darauf sitzen können. Für eine gute Umsicht sollten Kinder aufrecht sitzen. Vor allem wenn Kinder noch unsicher sind, sollte die Sitzhaltung nicht zu sportlich ausfallen. Es kommt auf das Gesamtkunstwerk an. Am wichtigsten ist, dass sich das Kind auf dem Rad wohlfühlt. „Ich finde Fahrräder schön. Auch dem schierchsten Krampen kann man etwas abgewinnen.“

BLL: Das Gesamtkunstwerk Rad. Sie haben vorher schon über die neue Ästhetik des Rades gesprochen.

Sommer: Ich finde Fahrräder schön. Auch dem schierchsten Krampen kann man etwas abgewinnen. Für mich ist das Rad mehr als ein Gebrauchsgegenstand.

BLL: Vielen Kindern bringt der Osterhase ein neues Fahrrad.

Sommer: Ja, und hier ist es wichtig, dass das Kind beim Radkauf miteinbezogen wird – nicht nur was die Farbe angeht. Ich empfehle immer das Kind mitzunehmen, schon allein wegen der Radgröße. Was mir positiv auffällt: Statt neue Felgen fürs Auto zu kaufen, investieren immer mehr Eltern lieber in gute Fahrräder für ihre Kinder.

BLL: Welche Lichter empfehlen Sie fürs Kinderrad?

Sommer: Vorneweg, ich finde es gut, dass Ikea keine Einweg-Batterien mehr verkauft. Da hat ein Umdenkprozess stattgefunden. Ich bin ein Freund von wiederaufladbaren Akkulichtern, das geht los bei 20 Euro pro Stück.

BLL: Sehr wichtig ist ja auch das Reflektormaterial? Wo sollte man das überall anbringen?

Sommer: Ich verwende gerne Reflektorfolien. Konstruktionstechnisch macht das Anbringen von StVO-konformen Reflektoren auf Kinderrädern nicht immer Sinn. Der hintere Rahmen ist so klein geschnitten, dass der Reflektor zum Beispiel vom Gummi des Reifens verdeckt wird – also gar nichts bringt. Manchmal tut man nur dem Gesetz Genüge. Wichtig ist, dass Reflektoren dort nicht fehlen, wo sie wirklich einen Mehrwert für die Sicherheit des Kindes bringen.

BLL: Wie stehen Sie zum Thema Radhelm?

Sommer: Mehr als die Hälfte meiner Kunden nehmen den Helm mit, um das Rad Probe zu fahren. Hier im 18. Bezirk sind die meisten Kinder mit Helm unterwegs, noch mehr als die Erwachsenen. Wie man es dann argumentieren kann, dass das Kind einen Helm tragen soll, wenn ich als Erwachsener keinen aufhabe, das ist eine andere Frage. Ich trage beim Radfahren immer einen Helm und finde es toll, dass die Kinder auf diesen Wutsch-Fahrzeugen und Laufrädern schon mit Helm sitzen. Da hat sich was getan. Es muss kein 200 Euro Helm sein. Worauf es ankommt, ist, dass der Helm das Prüfzeichen mit der Europanorm DIN EN 1078 (CE) aufweist, gut auf den Kopf des Kindes passt und richtig eingestellt ist. Da helfe ich auch gern.

BLL: Was sagen Sie zum Woom-Trend?

Sommer: Ich finde es gut, wie Woom den Kinderfahrradmarkt aufbereitet hat. Eltern sind verstärkt dazu bereit, auch hochwertige Kinderfahrräder zu kaufen. Woom ist eine gute Marke. Auf jeden Fall bringen sie viele Kinder zum Radfahren. Im Gebrauchtmarkt sind sie auch sehr stark vertreten. Das kann sich eigentlich schon jeder leisten.

BLL: Zu guter Letzt, welches Fahrrad fahren Sie?

Sommer: Ich habe 14 Fahrräder.

Vielen Dank für das Gespräch!

pts

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