Unternehmen mit Männern und Frauen sind wirtschaftlich erfolgreicher.
Am 8. März ist der Internationale Frauentag – und in diesem Jahr steht ein runder Geburtstag ins Haus: Vor 70 Jahren kam der Gleichberechtigungsartikel ins Grundgesetz. Der Kampf um den Artikel 3 war lang und aufreibend, die praktische Umsetzung dauert bis heute an. Denn nach einer aktuellen Studie des Weltwirtschaftsforums (WEF) ist Deutschland in puncto Gleichberechtigung um zwei Ränge auf Platz 14 abgerutscht. Vor zwölf Jahren stand die Bundesrepublik noch auf dem fünften Platz.
Grund für diese Entwicklung: „Die Automatisierung wirkt sich besonders stark auf Bereiche aus, die traditionell von Frauen besetzt sind. Außerdem sind weibliche Beschäftigte in den MINT-Berufen nach wie vor unterrepräsentiert“, weiß Petra Timm von Randstad Deutschland. MINT steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Hinzu kommt, dass hierzulande der Anteil der Frauen in der Forschung bei lediglich 16 Prozent liegt. Dabei haben Untersuchungen großer Wirtschaftsberatungen längst bestätigt, dass sich ein höherer Frauenanteil in Unternehmen positiv bemerkbar macht. Petra Timm: „Je vielfältiger ein Betrieb aufgestellt ist, desto ideenreicher und kreativer ist er, was wesentlich zum wirtschaftlichen Erfolg beitragen kann.“
Insgesamt sind in Deutschland laut WEF 78 Prozent der sogenannten Geschlechterkluft geschlossen – weltweit sind es 68 Prozent.
Die Gleichstellung geht voran
Die deutsche Wirtschaft hat mehr weibliche Chefs. 61 Frauen arbeiten mittlerweile in den Vorständen der 160 größten börsennotierten Unternehmen. Das sind elf mehr als 2017, hat eine aktuelle Auswertung der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsfirma Ernst & Young ergeben. Trotz der steigenden Zahlen sind Frauen in Führungsetagen immer noch eine Seltenheit. Daher ist der Internationale Frauentag am 8. März für Arbeitgeber ein guter Zeitpunkt, um den eigenen Umgang mit weiblichen Angestellten in puncto Aufstiegschancen auf den Prüfstand zu stellen.
Denn Unternehmen kommen in Zukunft nicht mehr am Potenzial der weiblichen Beschäftigten vorbei. „Junge Frauen sind gut qualifiziert, leistungsstark und karriereorientiert“, weiß Petra Timm vom Personaldienstleister Randstad. „Sie stellen über die Hälfte der Hochschulabsolventen und damit die Mehrheit des potenziellen Fach- und Führungskräftenachwuchses.“ Arbeitgeber, die dies erkennen und sich auf die speziellen Bedürfnisse von Frauen einstellen, haben gute Chancen, dem wachsenden Fachkräftemangel zu begegnen. Dazu gehören etwa flexible Arbeitsbedingungen und die Unterstützung bei der Kinderbetreuung. Petra Timm: „Gute Rahmenbedingungen verbessern sowohl das Image des Unternehmens als auch die Motivation der Mitarbeiter nachhaltig, denn sie können gezielter auf unterschiedliches Arbeitsaufkommen reagieren und Projekte deutlich besser planen.“ Gleichzeitig führen moderne Arbeitsplatzmodelle zu einer messbaren Produktivitätssteigerung.
Seit über 100 Jahren Internationaler Frauentag in aller Welt
„Im Gegensatz zum Muttertag, der in Deutschland viel bekannter ist, steht er für Gleichberechtigung und mehr Gerechtigkeit gegenüber Frauen – auch im Arbeitsleben“, erklärt Petra Timm vom. Der 8. März wird in vielen Ländern mit Demonstrationen und Aktionen begangen, in einigen wie Armenien, Kambodscha, Serbien, Russland oder der Ukraine ist er ein staatlicher Feiertag. „Am Frauentag haben Beschäftigte in 26 Ländern arbeitsfrei“, weiß Petra Timm. Beispielsweise in Russland: Dort ist er einer der wichtigsten Termine im Jahr. In einer Mischung aus Valentins- und Muttertag werden in Russland heute nicht nur Ehefrauen und Mütter, sondern auch Arbeitskolleginnen mit Pralinen, Parfüm und Schmuck bedacht.
Wie in Madagaskar und Nepal ist in China der 8. März ein Feiertag nur für Frauen. In chinesischen Staatsbetrieben bekommen sie häufig den halben Tag frei, manchmal verteilen die Unternehmen auch kleine Aufmerksamkeiten.
Und während der Frauentag in Deutschland und Polen mit roten Nelken verbunden wird, verteilen Italiener am 8. März meist gelbe Mimosen an Frauen. Diese gelten seit den Widerstandskämpfen während der Herrschaft der Faschisten als Zeichen für die Befreiung der Frauen von männlicher Unterdrückung.
Den Gedenktag verdanken wir der deutschen Sozialistin Clara Zetkin. Sie hatte die Idee zu einem Internationalen Frauentag und schlug ihn auf der zweiten Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz im Jahr 1910 vor. Das erste Mal wurde er 1911 in Dänemark, Deutschland, Österreich-Ungarn und der Schweiz begangen. Damaliges Hauptziel waren gleiche Rechte und Chancen, insbesondere das Wahlrecht für Frauen.
Auch wenn dieses Ziel mittlerweile erreicht wurde, ist der Kampf der Frauen um Gleichberechtigung immer noch aktuell: In Deutschland fühlen sie sich im Job oft noch benachteiligt, sie verdienen nach wie vor häufig weniger als Männer und sind eher von Altersarmut bedroht. Es macht nach wie vor Sinn, den Weltfrauentag zu nutzen, um die soziale, wirtschaftliche und politische Gleichstellung einzufordern.
txn
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