Was erzählt Karl Schranz zum 80. Geburtstag

Ein Junggebliebener immer in Aktion

Als Held habe ich mich nie gesehen.

Hier ein Interview mit der Skilegende mit freundlicher Genehmigung von REVUE – dem Magazin des Tourismusverbandes St. Anton am Arlberg

Über die populäre Skifahrer-Legende Karl Schranz glaubt die Öffentlichkeit schon alles zu wissen. Wir haben aus Anlass seines 80. Geburtstages (18. November) trotzdem nachgefragt und mit ihm auf die wichtigsten Stationen seines Lebens zurückgeblickt.

Herr Schranz, feiern Sie gern Geburtstag und blicken Sie bei dieser Gelegenheit auf die Vergangenheit zurück?

Karl Schranz: Feiern tun die anderen, ich feiere mit. Rückschau halte ich auch – je älter man wird, umso mehr schaut man zurück. Nach vorne wird die Zeit ja knapp und das Alter bringt so seine Schwierigkeiten mit sich. Man ist nicht mehr so flexibel und saust nicht mehr so dahin.

Aber auf Skiern sind Sie immer noch sehr schnell?

Karl Schranz: Na ja, zumindest genieße ich es noch immer, die Pisten runterzufahren.

Als Sie sich in jungen Jahren für den Skirennsport entschieden haben, waren Ihre Eltern davon nicht so begeistert, oder?

Karl Schranz: Sie waren der Meinung, wir sollten etwas Gescheites lernen, und das ist auch ganz vernünftig. Wir Kinder waren alle gute Skifahrer. Wann immer es möglich war, hielten wir uns draußen im Gelände auf. Dabei vernachlässigten wir ab und zu die Arbeit und unsere Aufgaben. Mein Vater sagte manchmal drohend zu mir: Wenn du dies oder das nicht zuerst erledigst, hacke ich dir die Ski auseinander! Aber das hätte er natürlich nie gemacht.

Zwischendurch der neue Karl Schranz Marsch zum 80er, gespielt von der Musikkapelle St. Anton am Arlberg:

Gab es bereits einen Starrummel um Sie, als Sie in Chamonix in den späten 1950er Jahren Ihre ersten Rennen gewonnen haben?

Karl Schranz: Das lief im Gegensatz zu heute eher bescheiden ab. Aber im Ort war man schon jemand nach diesen Siegen. Und als die Siege immer mehr wurden, wurde ich auch in Tirol und Österreich bekannt.

Später wurden Sie als Held gefeiert und zur Legende …

Karl Schranz: Als Held habe ich mich nie gesehen. Helden sind Ärzte oder Feuerwehrmänner, die Menschenleben retten. Ich wurde zum Helden gemacht. Die Journalisten brauchen Helden, um sie erst aufzubauen und dann wieder niederschreiben zu können, sobald sie ihre Leistung nicht mehr erbringen.

Wie gingen Sie im Laufe Ihrer Skikarriere mit dem hohen Erwartungsdruck um?

Karl Schranz: Das war gar nicht so schwierig. Für mich waren meine Konkurrenten nicht sehr schlimm. Am Anfang, in der Jugendklasse, habe ich ja alle Rennen ziemlich locker gewonnen. Ich konnte also entspannt antreten. Später, in der Nationalmannschaft begann dann der Ernst des Lebens. Ich war zwar immer aufgeregt, aber nervös war ich nie. Das ist ein großer Unterschied. Die Läufer finden ja den Weg über die Piste nimmer, wenn sie vor Nervosität nur so scheppern. Ich war immer recht konzentriert und wusste, was zu tun war. Unser Trainer Toni Spiess aus St. Anton hat uns das damals schon beigebracht, wie wir uns gut auf das Rennen fokussieren können.

Wie gingen Sie mit Frustrationen und Enttäuschungen um, zum Beispiel, als Sie bei den Olympischen Spielen einmal disqualifiziert wurden und in Sapporo nicht antreten durften? Waren Sie damals wütend?

Karl Schranz: Was hätte die Wut geholfen? Nichts! Also war ich auch nicht wütend. Aber eine Sauerei war es doch. Damit muss man umgehen lernen und das konnte ich. In unserer Familie ist viel passiert, einmal brannte uns zum Beispiel das Haus ab, da lernte ich schon früh mit Niederlagen und Rückschlägen umzugehen. Ersetzbar ist so ein sportliches Großereignis natürlich nicht. Ich bekam nach meiner Disqualifikation 1968 in Grenoble viele Wiedergutmachungsgeschenke, aber die Goldene haben sie mir nicht gegeben. Und in Sapporo im Jänner 1972 war die Chance auch für immer dahin.

Am Wiener Ballhausplatz, mit all den Sie umjubelnden Leuten, sind gewiss die Emotionen bei Ihnen hochgekocht?

Karl Schranz: Emotionen hatte ich keine und ich hätte auch keine zeigen wollen. Ich bin ein trockener Tiroler Oberländer. Mir war in dem offenen Auto zu kalt, das war alles, die Hände waren schon ganz steif vom vielen Winken. Natürlich war es erhebend, das zu erleben. Es begann schon im Flugzeug, als die Wiener Philharmoniker, die mit in der Maschine saßen, die Erlaubnis bekamen, mir zu Ehren den Donauwalzer zu spielen. Dann ein großer Empfang nach dem anderen bei hohen politischen Granden. Anschließend bekam ich bis zu 2.000 Fan-Briefe pro Tag. Das war schon schön. Die innere Distanzierung kam wahrscheinlich daher, dass man das alles gar nicht sofort verkraften und verarbeiten kann – zuerst der Ausschluss vom Rennen, bei dem ich als Favorit an den Start gegangen wäre, dann diese heftigen teilnehmenden Reaktionen darauf.

Ist Distanzierung eines Ihrer Lebens- und Erfolgskonzepte?

Karl Schranz: Ja, Distanz war für mich immer ein gutes Rezept. Als Skirennläufer ist man ein Einzelkämpfer und vom Start bis ins Ziel allein. Zudem muss man Sieg oder Niederlage schnell wegstecken können. Bei den frühen Rennen wäre mir und meinen Teamkameraden nie in den Sinn gekommen, zurück hinauf auf die Piste zu schauen und zu denken: Da oben habe ich diesen blöden Fehler gemacht! Vorbei ist vorbei und es kann nicht mehr rückgängig gemacht werden. Wir redeten am Abend auch gar nicht über die Rennen, wir spielten gemeinsam Karten.

Schauen Sie sich Skirennen im Fernsehen an und fiebern dabei mit?

Karl Schranz: Ich schaue mir nur die wichtigsten Rennen an wie Kitzbühel oder Wengen. Fiebrig bin ich dabei aber ganz gewiss nicht. Es freut mich, wenn jemand gewinnt, den ich favorisiere. Das können auch Rennläufer anderer Nationen sein, aber im Prinzip bin ich schon ein Patriot.

„Die Bäume im Verwalltal motivieren mich! Sie sind mein Publikum.“

Karl Schranz

Was machen Sie im Sommer? Gehen Sie gern wandern?

Karl Schranz: Wandern? Nein! Ich bin weder begeisterter Wanderer noch Bergsteiger. Ich gehe laufen. Am liebsten laufe ich hinein ins schöne Verwalltal. Die Bäume um mich herum motivieren mich. Sie sind mein Publikum.

Ist Ihnen Publikum auch sonst noch immer wichtig? Sie sind ja sehr ans Rampenlicht gewöhnt?

Karl Schranz: Nette Gesellschaft ist mir wichtig und mir gefallen auch einige gesellschaftliche Ereignisse, weil man dort so viele interessante Leute trifft. Ich genieße es, beim Hahnenkammrennen mit Arnold Schwarzenegger plaudern zu können. Zur Weißwurstparty beim Stanglwirt gehe ich auch gern, und der Opernball gefällt mir sehr.

Tanzen Sie dort auch?

Karl Schranz: Höchstens einmal quer durch den Saal.

Was wünschen Sie sich zum Geburtstag?

Karl Schranz: Gesundheit und dass ich noch eine Weile fit bleibe.

Wird auch Wladimir Putin gratulieren?

Karl Schranz: Ich nehme es an. Jedenfalls besteht unsere Freundschaft noch immer. Ich habe ihm ja das Skifahren beigebracht, genauso wie dem Bruno Kreisky, der sich übrigens auf den Skiern recht gut angestellt hat. Zu ihm habe ich gesagt: „Herr Bundeskanzler, jetzt kommt ein Linksschwung!“ Und er hat zu mir gesagt: „Erzählen Sie bitte niemandem, dass ich den Linksschwung nicht beherrsche!“

Dann wünschen wir Ihnen jetzt, dass Sie auf Ihrem Geburtstagsfest den Links- und Rechtswalzer ausgiebig genießen können!

Auszug aus Revue – dem Magazin des Tourismusverbandes St. Anton am Arlberg

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