Neue Erkenntnisse revolutionieren Krebstherapie

Foto: RainerSturm_pixelio.de_
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Verbesserte Behandlungsergebnisse bei Melanom, Lungenkrebs & Co.

In den letzten Jahren wurden dank bahnbrechender Erkenntnisse über die Interaktionen zwischen Tumorzellen und körpereigener Immunabwehr völlig neue Therapieansätze entwickelt. Zur Behandlung bestimmter Formen von fortgeschrittenem Lungen- und Hautkrebs stehen innovative Substanzen zur Verfügung, die in Österreich bereits erfolgreich eingesetzt werden: Nach einem seit 2011 verfügbaren Cytotoxic T-Lymphocyte Antigen 4 (CTLA-4)-Blocker wurden erst kürzlich zwei Programmed Cell Death 1 (PD-1)-Hemmer zugelassen. Mit diesen neuen Immuntherapeutika gelingt es, die Lebenszeit der Betroffenen deutlich zu verlängern.

Wirkmechanismen der Immuntherapie

Bisher wurde ein Tumor im Wesentlichen als eine Ansammlung bösartiger Zellen betrachtet. Nun wird er mitsamt dem ihn umgebenden Gewebe eher als eine organähnliche Struktur gesehen, das mit den körpereigenen Zellen des Bindegewebes, der Blutgefäße sowie des Immunsystems intensiv interagiert. „Therapeutisches Ziel ist es nun, das Immunsystem durch eine Blockade dieses Dialogs wieder gegen den Tumor zu mobilisieren“, betont Univ.-Prof. Dr. Christoph Zielinski, Leiter der Univ. Klinik für Innere Medizin I und Leiter der Klinischen Abteilung für Onkologie der MedUni Wien/AKH Wien.

Dazu bedient man sich v.a. folgender Mechanismen: An der Oberfläche von Abwehrzellen (T-Lymphozyten) existieren bestimmte Rezeptoren wie beispielsweise Cytotoxic T-Lymphocyte Antigen 4 (CTLA-4) oder Programmed Cell Death 1 (PD-1). Deren Aufgabe besteht normalerweise darin, überschießende Immunreaktionen zu hemmen, indem sie die Aktivität der T-Zellen bremsen. Tumorzellen sind in der Lage, genau diesen Regulationsmechanismus zu verstärken und so quasi für ihre eigenen Interessen zu nutzen: Sie bilden an ihrer Zelloberfläche Proteine, die an die Rezeptoren der Abwehrzellen andocken und unterdrücken auf diese Weise die körpereigene Immunabwehr.

Immun-Checkpoint-Inhibitoren

Neue Immuntherapien setzen auf die Blockade dieser Hemmung mithilfe speziell entwickelter monoklonaler Antikörper, sogenannter Immun-Checkpoint-Inhibitoren wie CTLA-4- oder PD-1-Hemmer. Diese richten sich gezielt gegen spezifische Antigene an Krebszellen, um diese zu schädigen oder ihre Wachstumssignale zu blockieren. Gleichzeitig ermöglichen bzw. erleichtern sie den Abwehrzellen das Erkennen von Krebszellen. Dadurch wird quasi die Bremse der Immunabwehr gelöst – Killerzellen und die weißen Blutzellen (Lymphozyten) werden in die Lage versetzt, die Tumorzellen durch zytotoxische Reaktionen zu bekämpfen.

Erfolge beim metastasierten Melanom

„Erste Erfolge durch die innovativen Substanzen konnten insbesondere in der Behandlung des metastasierten Melanoms realisiert werden“, erklärt Univ.-Prof. Dr. Hubert Pehamberger, Leiter der Univ.-Klinik für Dermatologie und Leiter der Klinischen Abteilung für allgemeine Dermatologie und Dermatoonkologie der MedUni Wien/AKH Wien. Vor 2010 standen lediglich unzureichende Chemotherapien zur Verfügung, die mittlere Lebenserwartung lag bei nur sechs Monaten. Deutliche Therapiefortschritte werden mit den kürzlich zugelassenen PD1-Hemmern Nivolumab und Pembrolizumab erzielt. Das Behandlungsarmentarium wurde weiters durch Kinasehemmer (z.B. Vemurafenib) ergänzt. Dank der neuen Substanzen konnte das mittlere Gesamtüberleben von Patienten mit metastasiertem Melanom auf etwa zwei Jahre verlängert werden.

Verlängertes Überleben bei fortgeschrittenem Lungenkrebs

„Nivolumab wurde auch zur Behandlung des nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms (NSCLC) – der häufigsten Form von Lungenkrebs – zugelassen, das nicht mehr auf eine Chemotherapie anspricht“, führte Zielinski aus. Bei Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC verlängerte Nivolumab das Gesamtüberleben im Vergleich zu Standard-Chemotherapie mit Docetaxel von 6,0 auf 9,2 Monate. Die 1-Jahres-Überlebensrate stieg von 24 Prozent auf 42 Prozent, das progressionsfreie Überleben von 2,8 auf 3,5 Monate. Auch Patienten, die auf zwei oder mehr vorhergehende Chemotherapien nicht mehr angesprochen hatten, profitierten von der Immuntherapie.

Zukunftsperspektiven

„In ersten Studien konnten auch schon Hinweise auf die Effektivität der Immuntherapien bei anderen Tumorarten gewonnen werden“, so Zielinski. Dazu gehören u.a. Leberkrebs, Nierenzell- und Prostatakarzinom sowie HNO-Tumoren, aber auch das sogenannte Triple-Negative Mammakarzinom.

Ein weiteres Forschungsfeld gilt der Entwicklung von individuell optimierten Therapiestrategien. „Derzeit laufen v.a. Untersuchungen, um die Wirksamkeit von Kombinationen zu testen und jene Patientengruppen zu identifizieren, die jeweils am meisten von einem Therapieschema profitieren“, berichtet Pehamberger. Darüber hinaus wird nach Tumormarkern als Prädiktor für das Therapieansprechen sowie nach Wegen zur Überwindung von Resistenzentwicklungen geforscht.

Die Experten sind überzeugt, dass die Immuntherapie einen Durchbruch darstellt und die Landschaft der Krebstherapie völlig verändern wird. Sie bietet bei verschiedenen Tumoren eine Chance, die Erkrankung über lange Zeit und bei guter Lebensqualität der Betroffenen beherrschen zu können.

Pts

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