Alexander Goebel bei uns zu Gast – was erzählt er uns?

Interessanter Gesprächspartner

BLL: Dürfen wir Sie fragen, wie alt Sie sind?

Goebel: Aber natürlich, ich habe nie Probleme mit dieser Frage weil ich stolz bin auf My Generation. Die Antwort ist 57.

BLL: Welche Berufsbezeichnung ist für Sie zutreffend, Sie sind ja sehr vielseitig, vom Musicalstar, Entertainer bis zum Moderator?

Goebel: Ich bin ausgebildeter Schauspieler, das wäre wohl die technische Antwort auf die Berufsfrage. Meine unbändige Neugier und der ständige Drang etwas das mich interessiert auch auszuprobieren, lässt sich mit einem Begriff nicht beschreiben. Die ewige Frage der Medien in welche Lade man mich denn nun einordnen soll, beantworte ich stets mit dem Hinweis: „Ich bin eine eigene Lade, schreiben Sie GOEBEL drauf“.

BLL: Wie gehen Sie mit dem Älterwerden um? Sind Künstler nicht besonders getrieben von dem Trend zu den immer jüngeren Kollegen und wollen berufsbedingt “forever young” sein?

Goebel: Da ist wohl einiges dran wahr, aber dieser Trend kommt nicht vom Publikum, sondern ist durch die Medien initiiert und gepflegt. Und es ist ein fataler Irrtum, wie sich sehr bald herausstellen wird, denn: Die Jungen benutzen schon lange keine herkömmlichen Medien (TV, Radio; Zeitung) mehr um sich zu orientieren, sie kann man auf konventionelle Weise nur noch mit kostspieliger Penetration erreichen, verbunden mit enormen Streuverlusten, da wird eine Werbung so oft geschaltet, bis sie jeder irgendwann mal mitbekommen hat. Das werden sich aber nur noch die ganz Großen leisten können und wollen, während in den neuen Medien, allen voran das Internet, die neuen Stars und die neuen Wege gefeiert werden. Deshalb wird sich dann die herkömmliche Werbung und ihre altmodischen Agenturen auf die Golden Ager bzw. die Silver Surfer konzentrieren, denn die haben noch Geld auszugeben, weil sie ihr Leben lang fleißig waren. Und plötzlich wird sich das flächendeckend einstellen, was jetzt bereits ablesbar ist, nämlich das Interesse der Jungen an coolen Alten, um ihre Erfahrungen zu teilen, ihren Rat einzuholen, und um sich zu orientieren in einer überladenen Informationsgesellschaft, die ihre Werte sucht.

BLL: Darf man fragen welche neuen und auch “alten” neuen Projekte Sie weiterhin verfolgen und angehen?

Goebel: Ach du meine Güte, das würde weit über die Grenzen hinausgehen…Mein ganzes Leben ist eine Perlenkette von wahr gewordenen Träumen, für die ich freilich hart arbeiten musste. Während ich mich bedanke, dass wieder ein Traum wahr geworden ist, bereite ich die Wahrwerdung das nächsten vor und träume den übernächsten. Das war schon immer so, ich kenne es nicht anders. Diese Träume haben übrigens nicht unbedingt mit Geld oder Ruhm zu tun, und schon gar nicht mit Macht. Neugier, Faszination und Leidenschaft sind meine Motoren. Mein Arbeitsalltag besteht vor allem aus Schreiben, Terminen, Proben und der Arbeit auf der Bühne bzw. vor der Kamera. Im Moment vertiefe ich meine Arbeits-Beziehungen zur Wirtschaft und Industrie, weil ich sicher bin, dass sie die zukünftigen Partner für Kunst, Kultur und Entertainment sein werden. Der Staat wird sich uns so nicht mehr leisten können, wie es in den vergangenen Jahrzehnten so wunderbar der Fall war.

BLL: Sie wirken körperlich top fit – wie machen Sie das? Können Sie Gleichaltrigen einige Tipps geben?

Goebel: Das ist eine einfache Formel: Ernährung und Bewegung. Die Informationen hat mittlerweile jeder, es kommt nur darauf an, wie man sich gegen die eigenen Ausreden wehrt. Natürlich hat mir das Trainieren früher mehr Spaß gemacht, aber jetzt leiste ich mir halt einen persönlichen Trainer der meine Motivationsdefizite durch Disziplin und Professionalität wettmacht.  Zeit frei machen, die Tasche packen und ins Fitnesscenter fahren muss ich immer noch selbst. Ich versuche gerade wieder ins Laufen zu kommen und muss leider wieder beim schnellen Walking beginnen, damit ich Gelenke und Sehnen nicht mit eitler Überlastung nachträglich schädige. Eine mühsame Angelegenheit die ich hoffentlich im Frühjahr abgeschlossen haben werde. Ich erlaube mir erst nach einem gewissen Trainingsvolumen wieder lang und ausdauernd zu laufen, aber eine Gazelle werd ich nicht mehr…

BLL: Denken Sie das unsere Gesellschaft und auch die Politiker genug für ältere Menschen tun oder sehen Sie hier Handlungsbedarf? Wo zum Beispiel?

Goebel: Zunächst einmal: Ich habe nie und werde nie mit einer Pension rechnen. Ich sorge seit meinem 14ten Lebensjahr selber für mich und werde das auch so beibehalten. Es war mir immer klar, dass ich für meine Lebensphilosophie zahlen muss, die da heißt: Lebensstandard folgt Integrität. Ich bin jederzeit bereit und imstande die Bescheidenheit vor den wirtschaftlichen oder monetären Erfolg zu stellen, um mich nicht selbst zu korrumpieren. Da sehe ich auch das große emotionale Problem das vorherrscht. Menschen fühlen sich vom Leben betrogen, haben einmal Träume und Sehnsüchte, Pläne und Vorhaben gehabt, die sie nicht umgesetzt und wahr gemacht haben, aus welchen Gründen auch immer, und nun wollen sich zumindest finanziell dafür  schadlos halten, was natürlich nicht funktioniert.

Ehrlich gesagt habe ich Probleme mit der Rücksichtslosigkeit, mit der manche Vertreter der 60+ Generation die Kluft zwischen Jung und Alt vertiefen, indem sie auf ihr „Recht“ bestehen. Ich halte den Generationenvertrag für einen wesentlichen Beitrag zum friedlichen Miteinander zwischen jungen und älteren Menschen, ein Miteinander, das die Basis dafür sein sollte, dass wir eine Massenvereinsamung von älteren Menschen verhindern, und gleichzeitig die Jungen nicht an hirnrissige Profit-um-jeden-Preis-Philosophien verlieren.  Da verstehe ich nicht, dass man den jungen Menschen die gesamte Last aller Zahlungen auferlegt, wissend, dass dies in der Folge nur Unverständnis bis Hass auf die „teuren“ Alten nach sich ziehen wird. Natürlich liegt die politische Schuld für diese unerträgliche Situation bei jenen, die es über Jahrzehnte von sich gewiesen haben, diese Probleme anzugehen, aus Angst die Stimmen der älteren Generation zu verlieren. Ich warne aber vor dem staatswirtschaftlichen Diktat der Pensionisten, es gibt eine Halbwertzeit für verpasste Lebenschancen, und die lassen sich nicht im Nachhinein finanziell wiedergutmachen. Wenn die Jungen irgendwann einfach abhauen, weil ihnen die Situation stinkt, wird ein heillos überaltertes Österreich so schnell zum Übernahmekandidat, so schnell können wir gar nicht „Stop Khol!“ sagen.

Bll: Was machen Sie in 10 Jahren – schwelgen Sie dann schon in der Vergangenheit oder noch immer in der Zukunft? Mit neuen Projekt und Zielen?

Goebel: 2021 werde ich hoffentlich weniger zu bereuen haben als 2011, was Mut, Arbeitsdisziplin und Kampfesbereitschaft angeht (ich bin da nie ganz zufrieden mit mir). Ich werde langsam anfangen, Ideen und Projekte nach ihren realistischen Aussichten auf Erfolg zu sortieren, und ich werde die Lanze an die Wand gehängt haben und die Windmühlen anderen, jüngeren Rittern überlassen haben. Dies ist eine wiederholte Forderung meiner klugen und geduldigen Frau, der nachzukommen ich mir fest vorgenommen habe. Unbedingt zu verhindern ist die jämmerliche Bitterkeit so mancher Ex-Protagonisten, die es nicht schaffen wollen, ihrer lächerlichen Eitelkeit zu widerstehen und in Würde zu altern, sondern sich in ihrer Retro-Verklärtheit  einbilden, sich unaufgefordert einmischen zu müssen, um ein paar Groschen aus dem rostigen Ich-bin-noch-wichtig-Automat zu holen.

Vielen Dank für das Gespräch.

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