Fast 70% der Österreicher haben sich noch keine Gedanken über ein Testament gemacht, dieser Anteil liegt naturgemäß bei älteren Menschen ab 60 plus wesentlich höher. Fast die Hälfte regelt rechtzeitig ihren Nachlass und erspart somit den Hinterbliebenen oftmals Streitigkeiten.
Oftmals verdrängt man naturgemäß „unangenehme Angelegenheiten“ – doch wir greifen dieses Thema bewusst auf – denn es kann immer etwas passieren. Wir wünschen es Niemand.
Wir haben daher einige Grundlagen für Sie zusammengetragen, die man wissen sollte:
Erbrecht
Unter Erbrecht im objektiven Sinn versteht man die Summe der Bestimmungen im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB), die das Schicksal des Nachlasses regeln. Unter Erbrecht im subjektiven Sinn versteht man die Befugnis, den Nachlass ganz oder zu einer Quote in Besitz zu nehmen. Das Erbrecht ist ein absolutes Recht. Das bedeutet, dass es gegen jedermann durchsetzbar ist. Es entsteht mit dem Tode des Erblassers und ist veräußerlich und vererblich. „Entstehungsgründe“ für das Erbrecht können das Gesetz, ein Testament oder ein Erbvertrag sein.
Erbrecht kann grundsätzlich nach dem Prinzip der Familienerbfolge oder jenem der Testierfreiheit ausgelegt sein. Nach dem Prinzip der Familienerbfolge soll der Nachlass der Familie und somit den Verwandten des Erblassers zukommen.
Pflichtteil – Pflichtteilsrecht
Das österreichische Recht hat keines dieser Prinzipen in Reinkultur verwirklicht, sondern sieht quasi eine „Zwischenlösung“ vor, indem es das sogenannte Pflichtteilsrecht eingeführt hat, das den Ausgleich zwischen den zwei Prinzipien herstellen soll. Wenn der Erblasser stirbt, ohne eine letztwillige Verfügung hinterlassen zu haben, fällt sein Erbe an die vom Gesetz bestimmten Erben (gesetzliche Erbfolge). Hat aber der Erblasser eine letztwillige Verfügung hinterlassen, so dürfen dadurch seine nächsten Angehörigen (die aus dem Kreis der gesetzlichen Erben stammen) nicht verkürzt werden. Ihnen – den Pflichtteilsberechtigten – muss jedenfalls der Pflichtteil zukommen.
Gesetzliches Erbrecht der Verwandten
§ 731 ABGB – Parentelensystem
– Zur ersten Linie gehören diejenigen, welche sich unter dem Erblasser, als ihrem Stamme, vereinigen, nämlich: seine Kinder und ihre Nachkömmlinge.
– Zur zweiten Linie gehören des Erblassers Vater und Mutter samt denjenigen, die sich mit ihm unter Vater und Mutter vereinigen, nämlich: seine Geschwister und ihre Nachkömmlinge.
– Zur dritten Linie gehören die Großeltern samt den Geschwistern der Eltern und ihren Nachkömmlingen.
– Von der vierten Linie sind nur des Erblassers erste Urgroßeltern zur Erbfolge.
Gesetzliches Erbrecht des Ehegatten
§ 757 ABGB
Der Ehegatte des Erblassers ist neben Kindern des Erblassers und deren Nachkommen zu einem Drittel des Nachlasses, neben Eltern und Geschwistern des Erblassers oder neben Großeltern zu zwei Dritteln des Nachlasses gesetzlicher Erbe. Sind neben Großeltern Nachkommen verstorbener Großeltern vorhanden, so erhält überdies der Ehegatte von dem restlichen Drittel des Nachlasses den Teil, der den Nachkommen der verstorbenen Großeltern zufallen würde. Gleiches gilt für jene Erbteile, die den Nachkommen verstorbener Geschwister zufallen würden. In den übrigen Fällen erhält der Ehegatte den ganzen Nachlass.
In den Erbteil des Ehegatten ist alles einzurechnen, was dieser durch Ehepakt oder Erbvertrag aus dem Vermögen des Erblassers erhält.
Pflichtteilsrecht (Auszug) – ABGB
§ 762. Die Personen, die der Erblasser in der letzten Anordnung bedenken muss, sind seine Kinder, in Ermangelung solcher seine Eltern, und der Ehegatte.
§ 764. Der Erbteil, welchen diese Personen zu fordern berechtigt sind, heißt: Pflichtteil; sie selbst werden in dieser Rücksicht Noterben genannt.
§ 765. Als Pflichtteil gebührt jedem Kind und dem Ehegatten die Hälfte dessen, was ihm nach der gesetzlichen Erbfolge zugefallen wäre.
§ 766. In der aufsteigenden Linie gebührt jedem Noterben als Pflichtteil ein Dritteil dessen, was er nach der gesetzlichen Erbfolge erhalten haben würde.
Testament
Es gibt grundsätzlich die Möglichkeit sein Testament privat zu machen, jedenfalls muss es handschriftlich sein und besser noch zwei Unterschriften aufweisen. Grundsätzlich gilt immer das zuletzt verfasste Testament als entscheidendes.
Besser ist natürlich ein notarielles Testament. Der Notar berät Sie nicht nur, sondern kann auch als Testamentverwahrer ernannt werden. Natürlich ist abzuwägen ob die kosten des Notars nicht die gesamte Hinterlassenschaft übersteigen.
Wichtig ist der Aufbewahrungsort. Was nützt ein letzter Wille, wenn es dann nicht gefunden wird, weil es zB in einem Bankschließfach liegt. Das Testament kann auch einer Vertrauensperson übergeben werden mit der Auflage nach dem Ableben das testament dem Velassenschaftsverwalter (Notar) auszuhändigen.
Hier finden Sie noch ergänzende Informationen
Foto: Rainer-Sturm_pixelio.de
Vielen Dank für den nützlichen Beitrag zum Thema der letztwilligen Verfügung! Mein Opa hat zunächst ein Testament eigenhändig verfasst, was ja grundsätzlich zulässig ist. Um aber die Einhaltung der erbrechtlichen Formvorschriften sicherzustellen, hat er sich danach von seinem Notaren beraten lassen und unter seiner Leitung erneut ein notarielles Testament verfasst. Nun schläft er ruhig, nachdem er den Notaren schließlich zum Testamentverwahrer ernannt hatte.
Ich habe ebenfalls viele Bekannte, die sich noch nie über das Thema Erbrecht Gedanken gemacht haben. Ich würde selbst gerne vorsorgen. Deswegen sind die Informationen, die Sie hier bereitstellen wirklich hilfreich für mich!
Meine Tante ist verstorben und hat ein Testament hinterlassen, wo ich Namentlich erwähnt werde und das Erbe bekomme. Nun ist ein zweites Testament aufgetaucht wo alles unklar ist. Freunde haben uns geraten einen Anwalt für Erbrecht einzuschalten. Ich wusste gar nicht , dass es viele § gibt für das Erbrecht.