Arthrose ist die häufigste Gelenkerkrankung bei Erwachsenen und oftmals mit starken Schmerzen verbunden.
„Ich leide seit Jahren an Arthrose und mein Arzt hat mir nun ein künstliches Kniegelenk empfohlen. Eigentlich möchte ich einen solchen Eingriff aber vermeiden. Wo kann ich mir eine zweite Meinung einholen, um zu wissen, ob eine Operation wirklich das Richtige ist?“ Hermann W.
So wie bei Hermann W. steht bei vielen Betroffenen daher irgendwann die Entscheidung an, ob ein künstliches Gelenk eingesetzt werden soll. Steigende und zusätzlich regional sehr unterschiedliche Operationszahlen für den Kniegelenkersatz deuten auf eine mögliche Überversorgung in diesem Bereich hin. Es lohnt sich in jedem Fall, die Entscheidung gut zu überdenken.
Wann kommt ein künstliches Kniegelenk in Frage?
Ein künstliches Kniegelenk kann eine Behandlungsmöglichkeit bei einer schweren Arthrose mit dauerhaften oder sehr häufigen Schmerzen, Bewegungseinschränkungen und entsprechenden Veränderungen im Röntgenbild sein. Bei der Entscheidung für eine solche Operation spielen viele Faktoren eine Rolle: Ist der Alltag durch die Beschwerden relevant beeinträchtigt? Wurde versucht, durch Bewegung und gegebenenfalls Gewichtsreduktion die Situation zu verbessern? Sind alle weiteren Behandlungsmöglichkeiten wie zum Beispiel Schmerzmittel und Physiotherapie ausgeschöpft? Gibt es andere Erkrankungen, die bei der Entscheidung für einen operativen Eingriff berücksichtigt werden müssen? Und wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Einschränkungen und Beschwerden durch die Operation deutlich besser werden?
Die Operation ist immer eine individuelle Entscheidung
Viele Patienten profitieren von einen Gelenkersatz, sodass sich Beweglichkeit und Schmerzen häufig bessern. Es gibt jedoch keinen Zeitpunkt, zu dem objektiv und von außen betrachtet ein künstliches Kniegelenk bei Arthrose „notwendig“ ist. Zu beachten ist auch, dass die Operation mit Komplikationen einhergehen kann. Die Prothesen haben zudem nur eine begrenzte Haltbarkeit und müssen unter Umständen ausgewechselt werden.
Die Entscheidung, ob und wann operiert wird, ist daher eine individuelle Abwägung. Sie muss Nutzen und Risiken sowie die individuelle Lebenssituation berücksichtigen. Letztendlich liegt die Entscheidung beim Bauchgefühl der Betroffenen: Wie bei allen anderen größeren Lebensentscheidungen ist es wichtig, dass sie die Entscheidung mittragen können und als richtig empfinden.
Seit Beginn des Lockdowns in der Corona-Pandemie mussten tausende nichtakute Operationen verschoben werden
So verzeichnete etwa das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) in Deutschland im März und April dieses Jahres einen Rückgang von 79 Prozent der Operationen zum Arthrose bedingten Hüftersatz im Vergleich zum Vorjahr. Auch wenn Ärzte momentan viele dieser Implantationen nachholen, sind Patienten teilweise verunsichert, ob jetzt schon wieder ein geeigneter Zeitpunkt für diese Operationen ist. Einige warten lieber noch weiter ab – und müssen derweil mit ihren Schmerzen und Bewegungseinschränkungen leben. Zur Schmerzbekämpfung empfiehlt die AE – Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik e. V. bevorzugt Entzündungshemmer und warnt aber gleichzeitig vor einer unkontrollierten und längerfristigen Anwendung von Opioiden. Sie rät zudem zu täglicher Dehnung und Kräftigung der Gelenkmuskulatur sowie zur Gewichtskontrolle. „Was viele nicht wissen: Es ist nicht der beschädigte Gelenkknorpel, der weh tut. Denn der hat keine Nerven. Vielmehr ist bei einer Arthrose die Gelenkschleimhaut (Synovialis) entzündet. Zusammen mit dem oftmals begleitenden Gelenkerguss ist das die Hauptursache der Schmerzen.“ Entsprechend müsse diese Entzündung gezielt bekämpft werden. Es gelte, die Muskulatur rund um Hüfte und Knie durch tägliche, sanfte Übungseinheiten möglichst kräftig und beweglich zu halten. Die Bewegung sorgt für die Versorgung des Knorpels mit Nährstoffen, die gekräftigte Muskulatur stabilisiert das Gelenk und die tägliche Dehnung des Gelenkes verhindert das Einsteifen.
Ist eine Operation unumgänglich, verweist die AE bei Sicherheitsbedenken auf die verbindlichen und strengen Hygiene-Standards in den Kliniken. Durch moderne Operationsverfahren und -management sei die Aufenthaltsdauer zudem möglichst kurzgehalten.
Wo erhalten Ratsuchende eine zweite Meinung?
Zweitmeinung in der Medizin? In Österreich vielfach gang und gäbe. Die Meinung eines zweiten Arztes gehört bei gewissen Krankheiten oder geplanten Eingriffen durchaus zum guten medizinischen Ton – auch in Österreich. So die erste Stellungnahme aus der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) zu dem aufgegriffenen Thema, man solle vor Operationen mehrere Ärztemeinungen einholen. „So ganz neu, wie es oftmals dargestellt wird, ist diese Form der gemeinsamen Beratung über eine Operation oder ähnliche Maßnahmen keineswegs“, meinte der Präsident der Österreichischen Ärztekammer, Prim. Dr. Michael Neumann.
Wo kann man sich in Österreich informieren. Die Unabhängige Patientinnen- und Patienteninformationsstelle (UPI)in Wien hilft weiter bei Fragen zu gesundheitlichen, psychosozialen und gesundheitsrechtlichen Themen. Hier erhalten Sie telefonisch Informationen durch die UPI unter 01 544 22 66. Sehen Sie hier: https://www.wien.gv.at/gesundheit/einrichtungen/patientenanwaltschaft/hilfestellungen/upi.html
Wie ist die Situation in Deutschland?
Ein gesetzlich geregeltes Zweitmeinungsverfahren gibt es für die Kniegelenk-Ersatz-Operation auch in Deutschland nicht. Im Rahmen der freien Arztwahl haben Patienten jedoch unkompliziert die Möglichkeit, eine weitere Praxis oder Klinik aufzusuchen. Neben Facharztpraxen für Orthopädie können zum Beispiel auch Ärzte für physikalische Medizin als Anlaufstellen bei Arthroseschmerzen in Frage kommen. Kliniken, die bestimmte Qualitätskriterien erfüllen, können sich durch die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und orthopädische Chirurgie als Endoprothetik-Zentren zertifizieren lassen.
Die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) hilft Ratsuchenden, Vor- und Nachteile des Kniegelenkersatzes zu verstehen, geeignete Ansprechpartner zu finden, die für ihn relevanten Kriterien zu klären und den Entscheidungsprozess zu unterstützen. Sie erreichen die UPD kostenfrei unter der Telefonnummer 0800 011 77 22 (montags bis freitags von 8.00 bis 22.00 Uhr und samstags von 8.00 bis 18.00 Uhr). Weitere Informationen und Beratungsangebote unter: www.patientenberatung.de (leider nur für deutsche Patienten).
Hier Tipps für Knie und Hüfte – Bewegung ins Leben integrieren!
Jede Gelegenheit kreativ zur Bewegung nutzen, zum Beispiel:
- häufiges Aufstehen vom Sofa und Büroschreibtisch
- bewusst Treppen steigen (kräftigt die Kniegelenkstrukturen sehr gut)
- zwischendurch auf Zehenspitzen stehen und auf und ab wippen
- Einbeinstand beim Zähneputzen
Mehrmals in der Woche schonende Sportarten im eigenen Tempo ausüben:
- Schwimmen, Radfahren, Nordic Walking
- Sich vom Physiotherapeuten ein individuelles, tägliches Übungsprogramm zusammenstellen lassen
- Eventuell bestehendes Übergewicht abbauen, um die Gelenke zu entlasten
- Wärme, Massagen und Krankengymnastik beseitigen Muskelverspannungen und lindern Schmerzen.
Hüftgelenk:
- Becken aufrichten – bewusst aufrecht gehen, Hohlkreuz vermeiden
- Im Einbeinstand, auf einem Bein stehen, das andere Bein frontal anheben und um 90 Grad beugen, 20 bis 40 Wiederholungen täglich, auf beiden Seiten
- Iliopsoas-Dehnung (Leistendehnung): Auf einem Bein stehen, das andere auf einen Stuhl oder Treppenabsatz in 90 Grad Stellung abstellen und kontrolliert Becken und Oberkörper der Standseite nach vorne schieben und dabei das stehende Bein dehnen. Achtung: Nicht ins Hohlkreuz fallen. Es sollte ein senkrechtes Ziehen im Leistenbereich spürbar sein. Zweimal zwei Minuten täglich auf beiden Seiten.
- Beweglichkeit der Hüftgelenke trainieren, zum Beispiel: bewusstes Treppensteigen mit aufgerichtetem Becken in Zeitlupe (kein Schlendergang und Hüftschwung!)
- Ergonomischen Bürostuhl und/oder Petziball öfter zum Sitzen nutzen
Kniegelenk:
Knie möglichst oft aktiv in Streckung bringen – Streckung ist als erstes bei Arthrose eingeschränkt, deshalb aktiv Beine strecken im Liegen und Sitzen. Zum Beispiel: auf den Rücken legen, Knie aufstellen, Becken anheben und jeweils im Wechsel ein Bein ausstrecken und mehrere Atemzüge halten, mehrere Male wiederholen
- Eventuell Kniegelenks-Bandagen tragen
- Schuh- und Orthesenversorgung überprüfen lassen
- Ist die Achsenstellung der Beine damit bestmöglich korrigiert?
A&O/ots
Foto: GettyImages/FredFroese
Interessanter Beitrag zum Thema künstliches Kniegelenk. Gut zu wissen, dass dieses infrage kommen kann bei fortgeschrittener Arthrose mit dauerhaften Schmerzen. Ich informiere mich zu dem Thema, da meine Mutter unter dieser Krankheit leidet und bald einen Termin bei einem Facharzt für Kniechirurgie hat.
Mein Mann leidet leider seit einer Weile unter seinem Knie, da dieses kaum mehr sein Gewicht halten kann. Sie haben recht, dass die Entscheidung für oder gegen eine OP immer eine individuelle Entscheidung ist. Ich denke tatsächlich, dass so eine OP meinem Mann wirklich guttun würde. Dennoch finde ich Ihre Tipps super, dass mehrmals in der Woche knieschonende Sportarten, wie beispielsweise Schwimmen oder Nordic Walking, ausführen sollte.
Ich wusste nicht, dass seit Beginn der Pandemie ein großer Teil nichtakuter Operationen und darunter auch Knie-OPs verschoben worden sind. Mein Opa erwünscht sich jedoch weiterhin eine Knie-OP zum Einsatz eines künstlichen Kniegelenks. Er kann kaum darauf warten, wieder in voller Bewegung zu sein.
Vielen Dank für den Beitrag zum künstlichen Kniegelenk. Mein Opa bekommt eine Knie- und Hüftprothese, da er stark in seiner Bewegung eingeschränkt ist. Gut zu wissen, dass die Operation auf die Lebenssituation der individuellen Patienten angepasst werden sollte.
Vielen Dank für Erläuterung von Vor- und Nachteile des künstlichen Kniegelenkes. Mein Großvater wird bald ein Knie OP bekommen und ich wollte noch mal für mich feststellen, ob sein Arzt eine richtige Zeitscheidung getroffen hat. Jetzt bin ich darüber 100 % sicher.
Wegen anhaltender Knieschmerzen und einer fortgeschrittenen Arthrose habe ich mich entschlossen, mir eine Knieprothese einsetzen zu lassen. Einige Bekannte haben mr vorher auch berichtet, dass sie damit gute Erfahrungen gemacht hätten, und nun wieder fast alles machen könnten (Wandern, Radeln, sogar Schifahren…)
Nun, einen Monat nach der OP, habe ich noch immer Schmerzen und keine normale Bewegungsfähigkeit. ReHa ist genehmigt, allerdings habe ich noch keinen Termin dafür erhalten. Ich hoffe aber, dass es nicht gerade zu Weihnachten los geht, da möchte ich gerne bei meiner Familie daheim sein
Ja Simon, das kann schon noch eine Weile dauern, bis du dich von dieser „Rundumerneuerung“ erholt hast. 8 Wochen sind wirklich noch keine übermäßig lange Zeit für so viele „Baustellen“, wie bei dir behoben worden sind.
Mein Knie musste generalüberholt werden, mein Meniskus war kaputt, ein Innenband war gerissen und der Knorpel war dadurch auch geschädigt.
Daher hat mein Arzt mir dringend eine Operation empfohlen.
In der OP wurde dann alles auf einmal erledigt und das ist jetzt 8 Wochen her. Ich kann aber immer noch nicht auftreten, muss auf Krücken gehen und habe Schmerzen. Durch die Schmerzmittel habe ich außerdem Magenprobleme.
Kann das denn wirklich so lange dauern, bis die Sache wieder gut ist?