„Regelmäßiger Schlaf für eine gesunde Zukunft“ ist das Motto des diesjährigen Weltschlaftags.
Gesunder Schlaf für eine bessere Lebensqualität. Das letzte Jahr hat jeden von uns besonders herausgefordert. Die Veränderungen durch Lockdown und Kontaktbeschränkungen haben sich auf unsere Psyche wie auf unseren Schlaf ausgewirkt. Dabei spielt die Nachtruhe eine zentrale Rolle für unsere seelische Gesundheit.
Das Unternehmen Emma unterstützt als Partner den 2008 ins Leben gerufenen Weltschlaftag mit Informationen und konkreten Tipps.
Dr. Verena Senn, Neurobiologin und Head of Sleep Research bei Emma, erklärt den Stellenwert von Schlafgewohnheiten, warum Schlaf die Wirksamkeit von Impfungen optimieren kann und wie wichtig Schlaf für unsere mentale Gesundheit ist.
Die wiederholten Lockdowns haben unser tägliches Leben auf den Kopf gestellt und unsere Schlafgewohnheiten beeinflusst. Wie ordnen Sie das ein und was empfehlen Sie den Menschen?
Dr. Verena Senn: Ob der Lockdown unseren Schlaf negativ oder positiv beeinflusst, hängt stark von den individuellen Umständen, der aktuellen Lebenssituation und unserer Persönlichkeit ab. Während einige von uns unter den erhöhten Sorgen leiden, die sich aus der Unsicherheit des Arbeitsplatzes oder der gleichzeitigen Bewältigung von Homeoffice und Schule ergeben, profitieren andere von mehr Homeoffice-Möglichkeiten oder sehen die Veränderung als Chance, ihre Fähigkeiten zu verbessern. Dies zeigen auch aktuelle Studien zu Schlaf während des Lockdowns.[1] Grundsätzlich ist es wichtig, die Routinen rund um den Schlaf beizubehalten, dies wird während eines Lockdowns noch relevanter. Kleine Routinen helfen Körper und Geist, sich zu beruhigen und auf den Schlaf vorzubereiten, noch bevor wir uns ins Bett legen. Der Lockdown kann als Chance gesehen werden, sich neue gesunde Gewohnheiten anzueignen, z. B. sich an regelmäßige Schlafenszeiten zu halten, vor dem Schlafengehen ein Buch zu lesen, statt eine Serie zu streamen, oder sich gemütlich auf dem Sofa einzukuscheln – einfach ganz bewusst den Tag ausklingen zu lassen.
Wie wichtig ist Schlaf für unsere Immunabwehr?
Dr. Verena Senn: Ausreichender Schlaf ist entscheidend für die Funktion des Immunsystems, einschließlich der Aktivität der natürlichen Killerzellen und der Produktion von Antikörpern, was das Risiko einer Virusinfektion verringert. Untersuchungen haben zum Beispiel gezeigt, dass eine einzige Nacht mit nur vier Stunden Schlaf im Vergleich zu acht Stunden die Zirkulation der natürlichen Killerzellen um 70 Prozent reduziert. Der Körper versucht auch, genau dieses Mittel „Schlaf“ zu bekommen, wenn er kränklich ist, um die Krankheit zu bekämpfen und wieder zu Kräften zu kommen.
Gibt es einen Zusammenhang zwischen Schlaf und der Wirksamkeit von Impfstoffen?
Dr. Verena Senn: Auch für die Wirksamkeit von Impfungen ist der Schlaf entscheidend. Um den besten Nutzen aus einer Impfung zu ziehen, ist es wichtig, dass wir danach genügend Schlaf bekommen. Hier haben Studien gezeigt, dass Schlafmangel die Produktion von Antikörpern als Reaktion auf einen Impfstoff deutlich einschränkt. Konsequenter Schlaf stärkt also das Immunsystem und ermöglicht eine ausgewogene und effektive Immunantwort.
Und wie sieht es beim Thema Schlaf und mentalem Wohlbefinden aus?
Dr. Verena Senn: Der Schlaf, insbesondere der REM-Traumschlaf, spielt eine wichtige Rolle für unsere psychische Gesundheit, die in den letzten Monaten endlich mehr Aufmerksamkeit bekommen hat. In der Nacht reaktivieren wir emotionale Erlebnisse, können sie in bereits vorhandene Gedächtnisstrukturen integrieren und so effektiv verarbeiten. Dies ist nach traumatischen Erlebnissen enorm wichtig, um Traumafolgestörungen vorzubeugen, aber auch für unsere Alltagserlebnisse und Stimmungen. Menschen, die genügend Schlaf bekommen, sind emotional ausgeglichener, besser gelaunt und ruhiger, zeigen mehr Motivation und Engagement und haben eine bessere Fähigkeit, ihre Emotionen zu regulieren und zu bewerten. Er ist das Rückgrat der psychischen Widerstandsfähigkeit (Resilienz) und hilft uns, mit den verschiedenen Begleiterscheinungen der Pandemie umzugehen.
Sollten wir auf unsere innere Uhr hören, um die Schlafqualität zu steigern?
Dr. Verena Senn: Wir alle haben eine innere Uhr, die das Timing von rhythmischen Verhaltensweisen wie Schlaf-Wach-Phasen oder Hunger bestimmt. Allerdings tickt diese Uhr bei jedem Menschen anders. Während manche Menschen früher schlafen, finden andere erst später in der Nacht Schlaf. Diese individuellen Unterschiede der inneren Uhr drücken sich in den sogenannten Chronotypen aus. Generell wird zwischen dem Morgentyp (auch Lerche genannt) und dem Abendtyp (Eule) unterschieden. Morgentypen wachen früher auf und erreichen ihren kognitiven und energetischen Höhepunkt früh am Tag. Andererseits werden sie abends schneller müde und erreichen ihre niedrigste Körperkerntemperatur früher in der Nacht als z. B. Abendtypen. Abendtypen brauchen länger, um morgens aufzuwachen – das kann an einer später einsetzenden Cortisolausschüttung liegen -, sind aber auch noch hellwach, wenn andere schon tief schlafen.
Wie finde ich heraus, welcher Schlaf-Chronotyp ich bin?
Dr. Verena Senn: Nach meiner Erfahrung wissen die Menschen recht gut, ob sie eher Morgen-, Abend- oder Zwischentypen sind. Wer sich jedoch nicht sicher ist, kann Online-Fragebögen ausfüllen oder im Urlaub auf seine Vorlieben achten, um seine innere Uhr zu identifizieren und einzustellen. Sobald sie sich ihres Chronotyps bewusst sind, können sie sich selbst helfen, ihr volles Energiepotenzial während des Tages abzurufen. Jeder sollte sich an regelmäßige Schlafenszeiten halten, die den individuellen Bedürfnissen entsprechen
[1] z.B. Dr. Rebecca Robillard, Universität von Ottawa: Umfrage unter mehr als 5000 Kanadiern im April/Juni 2020.
ots
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