Unmut über Kreuzfahrtgiganten in Venedig wächst

Die Fahrt der großen Kreuzfahrtschiffe durch die Lagune von Venedig wird zum Problem.

Die Suche nach technischen und logistischen Alternativen läuft auf Hochtouren. Das Auftauchen von Riesenkreuzfahrtschiffen in der Lagune von Venedig wird allmählich zum Problem. Das ist inzwischen nicht nur den Mitgliedern des Aktionskomitees NoGrandiNavi klar. Nun prüft das italienische Umweltministerium mehrere Projektvorschläge, um dieser misslichen Situation eine geeignete technische Lösung entgegenzusetzten.

Zwei Mio. Passagiere jedes Jahr

Sowohl aus ökonomischer als auch ökologischer Sicht wird die Entscheidung keineswegs leicht fallen. Immerhin befördern die Mammutschiffe jährlich fast zwei Mio. Besucher in die „Perle der Adia“ . Doch bei jeder Durchquerung wird die ohnehin durch Bootswellengang und Hochwasser in ihren Fundamenten immer mehr gefährdete Lagunenstadt einer neuen Belastung ausgesetzt.

Expertenberechnungen zufolge gehen die Pegelstände in den Seitenkanälen infolge der Sogwirkung bei der Passage der über 300 Meter langen Kreuzfahrtschiffe jedes Mal um 20 Zentimeter zurück . Gleichzeitig wird durch die Verbrennung des schweren Dieselöls ein Emissionsvolumen frei, das den Abgasen von 14.000 Automobilen entspricht.

Die Anhänger von NoGrandiNavi haben deshalb ein Fahrverbot für die mehr als 40.000 Bruttoregistertonnen schweren Schiffe und die Verwendung von Dieselkraftstoff mit weniger als 0,1 Prozent Schwefelanteil gefordert. Die gerne zitierten wirtschaftlichen Erträge des Kreuzfahrttourismus bleiben ihren Berechnungen erheblich hinter den damit verbundenen Umweltkosten zurück.

Fahrrinnenvertiefung im Gespräch

Mittlerweile bahnt sich bei den Umweltfachleuten der Commissione di Valutazione Ambientale in Rom eine außerhalb der Lagune angesiedelte Lösung an. Danach könnte ein vor der Punta Sabbioni eingerichtetes Terminal für eine kostengünstige und nachhaltige Abhilfe sorgen. Die von dem venezianischen Politologen Cesare De Piccoli entwickelte und von dem italienischen Stahlproduzenten Duferco zu implementierende Projektidee macht im Gegensatz zu den internen Lösungsansätzen keine langwierige und kostspielige Baggerarbeiten erforderlich.

„Unser Vorschlag berücksichtigt nicht nur die Entwicklung im Kreuzfahrtschiffbau der kommenden Jahrzehnte, sondern kommt auch ohne staaliche Finanzspritzen aus“, erklärte der Duferco-Vorsitzende Antonio Gozzi. Ein weiterer Vorteil bestehe darin, dass die in Fertigbauweise erstellte Metallkonstruktion mobil sei und deshalb jederzeit wieder abtransportiert werden könne.

Außerdem erhöht sich dem Unternehmen zufolge ihre Umweltfreundlichkeit durch die Eigenversorgung mit erneuerbaren Energien zusätzlich. Eine Vertiefung der Fahrrinnen in den Kanälen neben der Insel Giudecca oder vor der Lagunenöffnung Malamocco hingegen würde die Bewegung von 8,3 Mio. Kubikmetern Schlick und eine Arbeitsdauer von vier Jahren notwendig machen.

Rekord von 655 Schiffen jährlich

Auch die vorgeschlagene Verlagerung des Kreuzfahrtverkehrs in den nahegelegenen Industriehafen Marghera würde zahlreiche Nachteile mit sich bringen. Die Zeit drängt, obwohl das jüngste Urteil des Obersten Verwaltungsgericht der Region Venetien für eine vorübergehende Pause gesorgt hat. Danach ist das von der Hafenaufsicht beschlossene Fahrverbot für über 96.000 Bruttoregistertonnen schwere Kreuzfahrtschiffe auf Antrag des Passagierterminal-Betreibers und der Aktionsgemeinschaft Crusie Venice vorläufig außer Kraft gesetzt.

Der Trend ist jedenfalls eindeutig: In den zurückliegenden 15 Jahren ist der Kreuzfahrttourismmus in Venedig um 439 Prozent und die Zahl der dazugehörigen Schiffe von 206 auf 655 im Jahr geklettert. In direkter Folge bedeutet diese Entwicklung: Die tägliche Besucherzahl hat inzwischen die Einwohnerzahl überschritten.

pte

 

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